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Die Chronologie des Wüstenplaneten

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Mit seinem Weltbestseller Der Wüstenplanet (im Shop) hat Frank Herbert (1920–1986) uns Lesern die Türen zu einer faszinierenden Welt geöffnet. Auch wer nicht einen der Nachfolgebände oder die Romane aus dem erweiterten Universum von Frank Herberts Sohn Brian und SF-Autor Kevin J. Anderson (im Shop), gelesen hat, merkt bei der Lektüre des Wüstenplaneten, der jetzt in der neuen Übersetzung von Jakob Schmidt in unserem Shop erhältlich ist, dass er sich in einem Universum befindet, das vor allem eins ist: unglaublich alt. Viele Akteure im Wüstenplanet sind in Pläne verstrickt, die zum Teil bereits seit Jahrtausenden aktiv sind. Alles ist scheinbar mit allem verbunden. Wie soll man da den Überblick behalten?

Ein Hilfsmittel zur Orientierung ist der Universale Standardkalender im Wüstenplaneten. Das Jahr Null bezeichnet die Gründung der Raumfahrergilde, die das Monopol auf Weltraumflüge, -transporte und das Bankenwesen in der gesamten Galaxis hat und damit Ordnung in zuvor chaotische Systeme brachte. Damit unterteilen sich die Jahrtausende in „v. G.“ – vor der Gilde – und „n. G.“, nach der Gründung der Gilde. Gerechnet wird in Standardjahren, wobei man davon ausgehen kann, dass diese in etwa einem irdischen Jahr entsprechen, wenn auch rund zwanzig Stunden kürzer sind (vgl. Die Ketzer des Wüstenplaneten– im Shop). Im „Anhang II“ zu Der Wüstenplanet gibt uns Frank Herbert einige Hinweise, durch die wir Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen dem Universalen Standardkalender und unserer irdischen Zeitrechnung ziehen können:

Die Bewegung der Menschheit in den Tiefen des Alls drückte den Religionen im Laufe der einhundertundzehn Jahrhunderte vor Butlers Dschihad ihren unverwechselbaren Stempel auf.

Butlers Dschihad, der Krieg der Menschen gegen die Maschinen, war von 201 v. G. bis 108 v. G.; zuvor breitete die Menschheit sich rund 11 000 Jahre über das All aus. Die Handlung in Der Wüstenplanet beginnt im Jahr 10 191 n. G. Zählt man das zusammen und fügt noch rund die 2000 Jahre hinzu, die die Menschheit seit dem Jahr Null nach Christus gebraucht hat, um ins All vorzustoßen, erhält man das Jahr 23 392 nach Christus als Beginn der Handlung in Der Wüstenplanet. Diese Zahlen sind jedoch ungenau – wir wissen nicht, wann die Menschheit in Herberts Universum ins All aufgebrochen ist. Durch das etwas kürzere Standardjahr ergibt sich zudem eine Unschärfe von rund 400 Jahren. Im Großen und Ganzen bewegen wir uns in Der Wüstenplanet um das Jahr 23 400 nach Christus.

Natürlich kann eine dermaßen lange Vergangenheit nicht vollumfänglich in dieser Chronologie wiedergegeben werden. Erschwerend kommt hinzu, dass Frank Herbert sich nicht genau an seine eigene Chronologie hielt, als er die Nachfolgeromane zu Der Wüstenplanet (im Shop) schrieb. Einige Zahlen in dieser Timeline sind also mit Vorsicht zu genießen:

In grauer Vorzeit werden die „Sandforellen“, die später als „kleine Bringer“ bezeichnet werden, nach Arrakis gebracht. Sie beginnen mit der Austrocknung des damals noch wasserreichen Planeten und der Produktion des Gewürzes.

14500-14200 v. G.
Das Goldene Zeitalter der Erfindungen. Funk und Fernsehen, Raketen- und Nuklearwissenschaften, Genetik und Computertechnik werden entwickelt.

ab ca. 14100 v. G.
Die Menschen kolonisieren das Sonnensystem und breiten sich weiter im All aus. Das alte Imperium entsteht. Arrakis, jetzt schon ein Wüstenplanet, ist eine der letzten Welten, die noch vom alten Imperium erschlossen werden.
Unter der Herrschaft von Imperator Shakkad entdeckt der Chemiker Yanshuph Ashkoko das Gewürz auf Arrakis. Wissenschaftler besuchen den Wüstenplaneten, um einzuschätzen, ob sich der Planet für eine Kolonisierung eignet. Sie verlassen Arrakis im Jahr 1287 v. G.

5360 v. G.
Die ersten denkenden Maschinen werden entwickelt, um den Menschen alltägliche Aufgaben abzunehmen.

7585 v. G.
Erfindung des Ornithopters.

1182 v. G.
Die KI Omnius übernimmt die Herrschaft auf mehreren Planeten und richtet die synchronisierten Welten ein. Die Liga der Edlen, ein Zusammenschluss freier Welten, stellt sich Omnius entgegen. Sie verbietet den Gebrauch von KIs und schränkt die Benutzung von Computern ein.

400 v. G.
Die Zauberinnen vom Planeten Rossak beginnen zusammen mit der Ärztin Raquella Berto-Anirul, Stammbäume zu sammeln und auszuwerten.

203 v. G.
Der Physiker Tio Holtzmann entwickelt Störfelder, die die KIs nicht durchdringen können. Auf Arrakis entdeckt Selim, ein ausgestoßenes Waisenkind, das gelernt hat, in der Wüste zu überleben, wie man Sandwürmer reitet. Omnius erobert Giedi Primus, kann es jedoch nicht lange halten.

202 v. G.
Der Tleilax-Sklavenhändler Tuk Keedair entdeckt das Gewürz auf Arrakis. Tio Holtzmann konstruiert den Schutzschild, der auch noch Jahrtausende später zum Einsatz kommen wird. Diese Körperschilde sind transparente Energiefelder, die Materie, die sie durchdringen will, ab einer gewissen Geschwindigkeit zurückwirft. Zu Beginn explodieren sie, wenn sie von einem Laserstrahl getroffen werden, und vernichten Träger wie Angreifer. 195 v. G. entwickelt Holtzmann deswegen die sogenannte Lasgun-Schild-Interaktion. Es liegt unter anderem an diesen Schilden, dass selbst in ferner Zukunft noch Mann gegen Mann gekämpft wird.

201-108 v. G.:Butlers Dschihad
Butlers Dschihad ist das zentrale Ereignis in der Vergangenheit des Wüstenplanet-Universums: der Kampf der freien Menschen gegen die denkenden Maschinen, die von der KI Omnius und dem unabhängigen Roboter Erasmus angeführt werden. Omnius ist keine Entität, sondern besteht aus mehreren Rechenzentren auf verschiedenen Planeten. Er kontrolliert alle Maschinen außer Erasmus, der es geschafft hat, sich von ihm zu lösen.

201 v. G.
Erasmus tötet Manion, den kleinen Sohn der Sklavin Serena Butler, auf der Erde. Serena und der charismatische Sklaven-Vorarbeiter Iblis Ginjo beginnen einen Sklavenaufstand, der zum „heiligen Krieg“ wird. Als Omnius auf der Erde zurückschlägt, rettet Vorian Atreides Serena Butler und Iblis Ginjo und bringt sie nach Salusa Secundus. Die Liga der Edlen tritt in den Dschihad ein.
Auf Arrakis beginnen die beiden Tleilax-Sklavenhändler Tuk Keedair und Aurelius Venport damit, das Gewürz auf den Liga-Planeten zu verbreiten.

200 v. G.
Die Erde wird mit Atomwaffen beschossen, um Omnius dort zu vernichten, und die Heimatwelt der Menschen über Jahrhunderte hinaus unbewohnbar.

199-175 v. G.
Jahrzehntelang gelingt es weder der einen noch der anderen Seite, sich einen entscheidenden Vorteil im Dschihad zu verschaffen.

176 v. G.
Der Roboter Erasmus nimmt sich im Zuge einer Wette mit Omnius des Menschensklaven Gilbertus Albans an und bringt ihm die Maschinenlogik bei.

175 v. G.
Um sein über verschiedene Planeten verteiltes Bewusstsein immer wieder zu synchronisieren, setzt Omnius Datenschiffen ein. Vorian Atreides gelingt es, eines dieser Updateschiffe mit einem Virus zu infizieren und etliche von Omnius‘ Inkarnationen zu zerstören. Omnius führt daraufhin keine Updates mehr aus. Die Haupt-KI hat sich auf den Planeten Corrin zurückgezogen.

174 v. G.
Norma Cenva, Venports Frau, ist eine geniale Mathematikerin und arbeitet als Assistentin von Tio Holtzmann. Sie entwickelt die theoretischen Grundlagen für die Raumfaltschiffe. Norma baut das erste Raumfaltschiff auf dem Planeten Poritrin, doch es wird ihr von aufständischen Sklaven gestohlen, die damit nach Arrakis fliehen. Sie werden von den Siedlern, die bereits auf dem Wüstenplaneten leben, aufgenommen.

164 v. G.
Serena Butler reist nach Corrin, angeblich, um einen Frieden mit den Maschinen auszuhandeln. Doch sie provoziert Omnius, damit dieser sie tötet und sie so zur Märtyrerin macht. Als Omnius nicht darauf eingeht, bringt Iblis Ginjo Serena um, lässt es aber aussehen, als wäre Omnius der Schuldige. Der Dschihad geht weiter.
Die Dschihadisten bedienen sich der Hilfe der Tleilax, hervorragenden Genetikern. Sie schlachten Sklaven wie Bürger wegen ihrer Organe aus. Xavier Harkonnen deckt diesen Skandal auf, in den auch Iblis Ginjo verwickelt ist. Es gelingt ihm, seinem Verbündeten Vorian Atreides eine Nachricht zukommen zu lassen, ehe er Ginjo und sich selbst tötet. Doch die Wahrheit kommt nie ans Licht, weswegen die Harkonnen als Verräter in die Geschichte eingehen. Zwischen ihnen und dem Haus Atreides kommt es später zu einer Generationen währenden Feindschaft.

108 v. G.
Bei der Schlacht von Corrin benutzt Omnius menschliche Sklaven als Schutzschilde gegen die Dschihad-Flotte. Die Sklaven stecken in Containern, die explodieren, wenn die Raumschiffe eine bestimmte Grenze überschreiten. Erasmus schaltet die Sprengfallen jedoch aus, als sich Gilbertus Albans freiwillig an Bord eines Containers begibt. Albans überlebt und wird so zum allerersten Mentaten – den menschlichen Computern. Noch während der letzten Schlacht auf Corrin beschließt Omnius, als Datenstrom in die Tiefen des Alls zu flüchten. Nach dem Sieg erklärt sich Faykan Butler zum Imperator und nimmt den Namen Corrino an. Nach dem Ende des Dschihads wird aus der Liga der Edlen der Landsraad, der Zusammenschluss der Hohen  Häuser.

88 v. G.
Auf Arrakis setzen Sklavenhändler den Siedlern immer mehr zu. Unter der Führung des ehemaligen Sklaven Ishmael ziehen sie sich in die Tiefen der Wüste zurück und werden zu den „free men“, den Fremen. Sie passen sich nach und nach perfekt an das harte Leben in der Wüste an.
Die Zauberinnen von Rossak benennen sich in Bene Gesserit um und starten das Programm, das später den Kwisatz Haderach hervorbringen soll.

87-1 v. G.
Die radikalsten Anhänger von Serena Butler zerstören weiterhin Maschinen. In ihrer Raserei vernichten sie aber auch historische Dokumente. Technisch orientierte Zivilisationen überleben nur auf den Planeten Ix und Richese. Gilbertus Albans gründet die Schule der Mentaten.

84 v. G.
Norma Cenva baut weitere Raumfaltschiffe. Sie entdeckt den Nutzen des Gewürzes für die Raumfahrt und wird nach der Einnahme einer Überdosis zur ersten Navigatorin – und damit zur Gründerin der Raumgilde.

1 v. G.
Gründung der MAFEA (Merkantile Allianz für Fortschritt und Entwicklung im All). Sie führt den Gildenkalender ein und monopolisiert den interstellaren Handel, das Transport- und das Bankenwesen. Dadurch unterwerfen sie nicht nur das Reisen, sondern auch die Kriegsführung ihren Regeln. Arrakis wird zum wichtigsten Planeten im Universum, weil nur hier das Gewürz gefunden wird. Eine Zeit relativer Ruhe und Stabilität tritt ein.

10018 n. G.
Imperator Elrood Corrino IX besteigt den Thron.

um 10070 n. G.
Eine Gruppe Bene-Gesserit-Schwestern auf Arrakis verschwindet, unter ihnen auch die Ehrwürdige Mutter Ramallo.

10114 n. G.
Das Haus Richese verliert das Recht, Arrakis zu verwalten. Dmitri Harkonnen wird Gouverneur.

10118 n. G.
Hasimir Fenring, den viele für das Endprodukt des Kwisatz-Haderach-Projektes halten, wird geboren.

10119 n. G.
Geburt von Elroods Sohn Shaddam, dem späteren Imperator.

10132 n. G.
Geburt von Glossu Rabban, dem ersten Sohn von Abulurd Harkonnen.

10135 n. G.
Geburt von Gurney Halleck.

10140 n. G.
Geburt von Herzog Leto Atreides.

10146 n. G.
Geburt von Duncan Idaho. Dmitri Harkonnen stirbt. Sein Sohn Abulurd wird auf eigenen Wunsch zum Gouverneur von Arrakis ernannt.

10153 n. G.
Baron Wladimir Harkonnen ersetzt seinen Halbbruder Abulurd als Gouverneur von Arrakis. Glossu Rabban tötet Duncan Idahos Eltern. Imperator Elrood ernennt Pardot Kynes zum Planetologen von Arrakis, wird aber im selben Jahr von Shaddam Corrino und Hasimir Fenring mit einem langsam wirkenden Gift vergiftet. Kynes arbeitet mit den Fremen zusammen und erforscht die Ökologie von Arrakis. Er entdeckt, dass die Welt einst wasserreich war und dass die Sandwürmer für die Austrocknung verantwortlich sind. Er zeigt den Fremen, wie sie Arrakis terraformen und wieder zu einer fruchtbaren Welt machen können.

10154 n. G.
Die Bene Tleilax starten auf Ix mit der Genehmigung des Imperators das Geheimprojekt Amal, um das Gewürz synthetisch herzustellen.
Unter Anleitung von Pardot Kynes beginnen die Fremen heimlich damit, Arrakis zu terraformen. Kynes ist von den Wüstenbewohnern so fasziniert, dass er einer von ihnen wird. Sein Sohn, Liet-Kynes, wird geboren.
Duncan Idaho tritt in die Dienste des Hauses Atreides ein. Paulus Atreides stirbt, die Herrschaft geht an seinen Sohn Leto über.
Jessica, die Tochter von Gaius Helen Mohiam und Wladimir Harkonnen, wird geboren.

10156 n. G.
Elrood IX. stirbt, und Shaddam Corrino IV wird Imperator. Er beordert Hasimir Fenring nach Arrakis.

10162 n. G.
Geburt von Prinzessin Irulan.

10166 n. G.
Duncan Idaho beginnt mit dem Schwertmeister-Training.

10168 n. G.
Jessicas Bene-Gesserit-Training auf Wallach IX ist abgeschlossen.

10170 n. G.
Gurney Halleck wird von den Harkonnen versklavt.

10171 n. G.
Leto Atreides macht sich im Landsraad einen Namen. Die Bene Gesserit schicken ihm Jessica, damit sie mit ihm ein Mädchen bekommt. Dieses Mädchen wiederum soll den Kwisatz Haderach zur Welt bringen.

10173 n. G.
Glossu Rabban tötet Gurney Hallecks Eltern. Halleck entkommt der Sklaverei. Gaius Helen Mohiam flößt Abulurd Harkonnen heimlich ein Potenzmittel ein, damit er ein männliches Kind zeugt. Dieses soll der Vater des Kwisatz Haderach werden.

10174 n. G.
Mohiams Plan geht auf, und Abulurd Harkonnens zweiter Sohn, Feyd-Rautha, wird geboren. Doch Abulurd legt den Namen Harkonnen ab, damit Feyd-Rautha nicht dessen Makel erbt. Aus Rache entführt Vladimir Harkonnen Feyd-Rautha und lässt Abulurd von Glossu Rabban töten.
Duncan Idaho schließt seine Ausbildung zum Schwertmeister ab.
Gurney Halleck schließt sich dem Haus Atreides an.
Pardot Kynes stirbt, und sein Sohn Liet-Kynes setzt sein Werk fort. Liet-Kynes Tochter Chani wird geboren.

10175 n. G.
Die Bene Tleilax stellen die bisher vielversprechendste Mischung des synthetischen Gewürzes her, das sie Ajidamal nennen. Shaddam IV beginnt den Großen Gewürzkrieg, bei dem er die Gewürzlager vernichten und Arrakis zerstören will. Doch das Ajidamal versagt, und der Krieg des Imperators ist verloren.
Paul Atreides wird geboren.

10176-10192 n. G.
Leto Atreides beginnt, eine kleine, aber hocheffiziente Kampftruppe ausbilden zu lassen. Der Imperator fühlt sich bedroht. Er schickt das Haus Atreides von Caladan nach Arrakis, wo es von den Harkonnen angegriffen wird. Diese werden von den Sardaukar des Imperators unterstützt. Leto stirbt, sein Sohn Paul und Jessica fliehen in die Wüste. Sie treffen auf die Fremen und werden von ihnen gerettet. Stilgar, einer ihrer Anführer, bringt sie in den Sietch Tabr. Dort wird Alia Atreides geboren. Paul Atreides wird zu Muad’Dib und zum Anführer der Fremen. Er lernt Chani kennen und verliebt sich in sie.

10193 n. G.
In der Schlacht von Arrakeen siegt Paul Atreides, unterstützt von den Fremen-Kriegern. Das Haus Harkonnen wird vernichtet, Paul Atreides übernimmt das Monopol über das Gewürz und heiratet Shaddams Tochter Irulan. Shaddam IV wird nach Salusa Secundus ins Exil geschickt. Paul Muad’Dib schickt seine Fremenkrieger, die Fedaykin, aus, um in einem Dschihad seine Vision von der Zukunft der Menschheit durchzusetzen. Pauls Dschihad beginnt.

10194 n. G.
Paul und Jessica reisen nach Caladan, wo Jessica zur Baronin wird.

10202 n. G.
Shaddam Corrino IV stirbt.

10206 n. G.
Pauls Dschihad endet.

10209 n. G.
Chani stirbt bei der Geburt der Zwillinge Leto Atreides II und Ghanima Atreides. Paul Muad’Dib erblindet, zieht sich in die Wüste zurück und verschwindet. Pauls Schwester Alia übernimmt die Regentschaft auf Arrakis, bis die Zwillinge erwachsen sind.

10210 n. G.
Alia löst die Fedaykin, die Fremen-Elitetruppen von Paul Atreides, auf. Die Fremen versinken nach und nach in der Bedeutungslosigkeit.

10219 n. G.
Alia Atreides stirbt. Leto Atreides II wird Gottkaiser und regiert 3 500 Jahre lang. Er bringt alle Welten mit eiserner Hand dazu, dem Goldenen Pfad, jener Zukunftsvision von Paul Muad’Dib, zu folgen. Doch das verlangt ein großes Opfer: Leto II. verschmilzt seinen Körper mit dem einer Sandforelle und wird so zu einem Hybrid aus Mensch und Sandwurm.

10256 n. G.
Jessica Atreides stirbt.

13728 n. G.
Leto II. stirbt. Siona Atreides und ein Klon Duncan Idahos erhalten Arrakis zum Lehen. Die Zeit der Diaspora beginnt.

um 15200 n. G.
Ende der Diaspora und Rettung der Menschheit.

 

Eine ausführliche Chronologie des Dune-Universums finden Sie unter anderem hier (in englischer Sprache).
Frank Herberts Roman Der Wüstenplanet, neu übersetzt von Jakob Schmidt, finden Sie in unserem Shop. Mehr Infos rund um das Dune-Universum finden Sie hier unter dem #WüstenplanetMonat.

Die Chronologie der Wüstenplanet-Romane:
• Butlers Djihad (Der Wüstenplanet - Die Legende 1, 2002)
• Der Kreuzzug (Der Wüstenplanet - Die Legende 2, 2003)
• Die Schlacht von Corrin (Der Wüstenplanet - Die Legende 3, 2004)
• Der Thron des Wüstenplaneten (2012)
• Das Haus Atreides (Der Wüstenplanet - Die frühen Chroniken 1, 1999)
• Das Haus Harkonnen (Der Wüstenplanet - Die frühen Chroniken 2, 2000)
• Das Haus Corrino (Der Wüstenplanet - Die frühen Chroniken 3, 2001)
• Der Wüstenplanet (1965)
• Paul Atreides (Der Wüstenplanet - Heroes of Dune 1, 2008)
• Stürme des Wüstenplaneten (Der Wüstenplanet - Heroes of Dune 2, 2009)
• Der Herr des Wüstenplaneten (1969)
• Die Kinder des Wüstenplaneten (1976)
• Der Gottkaiser des Wüstenplaneten (1981)
• Die Ketzer des Wüstenplaneten (1984)
• Die Ordensburg des Wüstenplaneten (1985)
• Die Jäger des Wüstenplaneten (2006)
• Die Erlöser des Wüstenplaneten (2007)

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Roter Mars

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In den 1970er Jahren gelang den beiden Viking-Sonden der NASA die erste Landung auf dem Mars. Sie schickten beeindruckende Aufnahmen von der Marsoberfläche, darunter auch stereoskopische 3-D-Bilder. Kim Stanley Robinson, der gerne in der Sierra Nevada wandern geht, verspürte beim Anblick der Bilder den Wunsch, eines Tages auch auf dem Mars bergsteigen gehen zu können. Wie ihm schnell klar wurde, wäre das allerdings nur auf einem terrageformten Mars möglich – und das wiederum erschien ihm als eine hervorragende Idee für einen Roman. Nach jahrzehntelanger Recherche begann er 1989 mit dem Schreiben von Roter Mars, stellte dabei jedoch fest, dass er eine Trilogie brauchen würde, um die Geschichte über die größte Herausforderung der Menschheit zu erzählen.

2026 brechen in Roter Mars die ersten hundert Kolonisten, fünfzig Männer und fünfzig Frauen aus unterschiedlichen Ländern, zum Mars auf. Obwohl ihr Schiff, die Ares, gigantisch groß ist, ist der neunmonatige Aufenthalt in geschlossenen Räumen dennoch eine Herausforderung, von Gefahren wie Sonnenstürmen, die die Besatzung bedrohen, ganz zu schweigen. Auf dem Mars angekommen, beginnen sie mit dem Aufbau der ersten Siedlung auf dem absolut lebensfeindlichen Planeten, den sie nach und nach zu einer zweiten Erde, einem Grünen und schließlich einem Blauen Mars, machen wollen.

Bei Robinson ist die Kolonisation des Mars ein nationales Unterfangen. Obwohl die Besatzung der Ares, die als die Ersten Hundert in die Geschichte eingehen wird, international ist, stellen die Hauptkostenträger USA und Russland die größten Kontingente und verschaffen sich so mehr Einfluss. Dieser ist die ganze Trilogie hindurch zu spüren, auch wenn eigentlich die (ziemlich schwache und käufliche) UN die Aufsicht über das Kolonisierungsprojekt hat. Allerdings rechnen weder die einzelnen Staaten noch die UN-Machthaber mit den Kolonisten selbst. Denn bereits früh in Roter Mars wird deutlich, dass einige von ihnen durchaus eigene Ziele verfolgen.

Das von Beginn an alles beherrschende Thema in Robinsons Mars-Trilogie ist das Terraforming, dessen Einfluss sich nicht nur auf den rein technischen Aspekt beschränkt. Vielmehr wird in Grüner Mars und Blauer Mars deutlich, dass dieses Mammutprojekt sich auf nahezu alle Gesellschaftsbereiche ausweitet. Zur Überraschung der Öffentlichkeit auf der Erde, die alle Vorgänge und Debatten an Bord der Ares und später in der ersten Siedlung über das Fernsehen verfolgt, zeigen die Ersten Hundert keine Einigkeit in dieser Sache. Die Befürworter des Terraformings, angeführt von dem Physiker Sax Russell, fordern eine schnellstmögliche Umwandlung des Mars von einer lebensfeindlichen, kalten Wüste in einen zweiten blauen Planeten. Ihre Gegner, die sich später die „Roten“ nennen und von der Geologin Ann Clayborne angeführt werden, verlangen, dass der Mars so, wie er ist, geschützt werden muss. Im Verlauf des ersten Romans zeichnet sich ab, dass in diesem Streit der „Fortschritt“, personifiziert von Sax Russell, siegen und Clayborne verlieren wird, schon allein deswegen, weil sie weiß, dass sie bereits verloren hat:

Ich meine, ich schaue auf dieses Land, und … und ich liebe es. Ich möchte immer draußen sein und es bereisen, es studieren, darauf leben und es kennenlernen. Aber wenn ich das tue, dann verändere ich es. Ich zerstöre das, was ich liebe und darin sehe. 

Doch man sollte die Roten in der Trilogie nicht zu schnell abschreiben, denn gerade diese Liebe zum Mars hinterlässt einen bleibenden Eindruck.

Das Terraformen eines ganzen Planeten wird immer wieder mit dem Bau der Kathedralen im Mittelalter verglichen, denn diejenigen, die diesen Prozess initiieren, erleben das Resultat nicht mehr. Um Jahrzehnte abdecken zu können, greift Robinson zu einem Trick: Er lässt die Wissenschaftler der Ersten Hundert, angeführt von Vlad Taneev, Ursula Kohl und Marina Tokareva, die sogenannte „Langlebigkeitsbehandlung“ erfinden, eine Art Gentherapie gegen das Altern. Sie hat jedoch weitreichende Konsequenzen, nicht nur auf dem Mars, sondern vor allem auf der überbevölkerten Erde, auf der einzelne Nationen den Mars von Anfang an als eine Art Ventil für ihre Bevölkerungsprobleme sieht.
Neben der Aufspaltung in Terraformingbefürworter und -gegner zeichnet sich unter den Ersten Hundert noch eine Kluft ab, die nicht minder drastisch ist. Denn einige der Kolonisten, allen voran der Russe Arkady Bogdanov, wollen die Befehle ihrer Heimatländer, die sie bewusst für immer hinter sich gelassen haben, nicht länger befolgen. Sie gründen schließlich die erste Zivilisation auf dem Mars. Warum also nicht etwas gänzlich Neues, etwas Besseres, versuchen?

Wir sind von unseren Regierungen hierhergeschickt worden, und alle unsere Regierungen haben Fehler, die meisten sogar katastrophale. Darum ist die Geschichte so ein blutiger Dreck. Jetzt sind wir auf uns allein gestellt, und ich für meinen Teil habe keine Lust, alle Fehler der Erdgeschichte zu wiederholen – nur wegen konventioneller Denkweisen. Wir sind die ersten Kolonisten auf dem Mars! Wir sind Wissenschaftler! Es ist unser Beruf, neue Dinge zu entdecken und zu entwickeln.

Es erweist sich jedoch als schwierig, irdische Gewohnheiten und Denkweisen hinter sich zu lassen. Vor allem die Anführer der Mission, der Amerikaner Frank Chalmers und die Russin Maya Toitovna, wollen an den Machtstrukturen, die sie haben aufsteigen lassen, festhalten. Die Position zwischen dem Revoluzzer Arkady und dem Realpolitiker Chalmers nimmt John Boone ein, der erste Mensch auf dem Mars. Er versucht, eine genuin marsianische Denkweise zu schaffen. Seiner Meinung nach verändern nicht nur die Menschen den Mars durch Terraforming, sondern der Mars areoformt seinerseits auch seine Bewohner. Wegen dieser Einstellung und seiner allgemeinen Beliebtheit wird Boone, der wie Frank obendrein in Maya verliebt ist, seinem Freund Frank Chalmers gefährlich – mit fatalen Konsequenzen.

Doch zunächst, und darauf liegt der Fokus in Roter Mars, müssen die Kolonisten zusammenarbeiten, um zu überleben. Erst Jahre später unter dem Druck der unterschiedlichsten Ereignisse – Terraforming, Ökoterrorismus, Einwanderung, der Kontrolle durch die Erde - wird deutlich, wie hochexplosiv die politische, ökonomische und soziale Situation auf beiden Planeten wirklich ist. Und als das Pulverfass schließlich hochgeht, ist nichts mehr so, wie es einmal war …

Kim Stanley Robinson: Roter Mars• Roman • Aus dem Amerikanischen von Winfried Petry • Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 • 816 Seiten • Paperback • € 14,99 • im Shop

Die Fortsetzungen zu Roter Mars, Grüner Mars und Blauer Mars sowie Robinsons Roman 2312, finden Sie ebenfalls in unserem Shop

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Der wahre Herr des Wüstenplaneten

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John Schoenherr ist Schuld, dass man David Lynchs „Dune“-Verfilmung (1984) überhaupt nicht ernst nehmen konnte. (Von den späteren TV-Adaptionen ganz zu schweigen.) Denn Schoenherr hatte zwischen 1964 und 1978 eine Reihe von Illustrationen angefertigt, die unser Bild vom Wüstenplaneten Arrakis so nachhaltig prägten, dass kein noch so begabter Filmemacher eine Chance hatte, diesen so simplen wie wirkungsmächtigen Visionen etwas entgegenzusetzen.


John Schoenherr

Schoenherr wurde 1935 in New York City geboren und studierte am Art Students’ League und machte in den späten 1950ern seinen Abschluss am Pratt Institute. Es gelang ihm bald, Illustrationen in verschiedenen SF-Magazinen der Zeit unterzubringen, aber seine Stunde schlug, als er regelmäßig in den Seiten des von John W. Campbell herausgegebenen, legendären Magazins Astounding (das später zu Analog wurde) auftauchte. Bis in die 1980er hinein schuf er für das Blatt Illustrationen und Titelbilder u.a. für Gordon R. Dickson, Clifford D. Simak und Anne McCaffrey. Nebenher malte er auch Cover für andere Verlage und verlegte sich am Ende seiner Karriere zunehmend auf Tierbilder und Kinderbücher. 1988 erhielt er die begehrte Caldecott Medal für Kinderbuchillustrationen für seine Arbeit an Jane Yolens „Owl Moon“. Er starb 2010 und wurde 2015 posthum in die Science Fiction and Fantasy Hall of Fame aufgenommen.


Analog 12/1963

In Analog erschien auch Frank Herberts Ur-Dune. Zwischen Dezember 1963 und Februar 1964 erschien „Dune World“ in drei Teilen, und von Januar bis Mai 1965 „Prophet of Dune“ in fünf Teilen. Schoenherr illustrierte die Storys und fertigte Cover an. Dafür wurde er mit dem Hugo Gernsback Award ausgezeichnet.

Diese beiden Werke wurden von Herbert erweitert und zu dem „Dune“-Roman, den wir heute kennen. Es ist längst Legende, wie schwer es Herbert fiel, den Roman bei einem Buchverlag unterzubringen, bevor er schließlich bei Chilton Books erschien. Mit einem Cover von Schoenherr, wie man sich denken kann.

Mitte der 1970er war „Dune“ schon auf dem besten Weg, ein kulturelles Phänomen zu werden. Herbert hatte 1969 mit „Dune Messiah“ (dt. Der Herr des Wüstenplaneten) eine Fortsetzung geschrieben. 1976 folgte dann „Children of Dune“ (dt. Die Kinder des Wüstenplaneten), der die US-Bestsellerlisten eroberte. Letzterer wurde wieder auf den Seiten von Analog vorveröffentlicht, und wieder war es Schoenherr, der meisterhafte Illustrationen beisteuerte.

1978 ereichte die „Dune“-Begeisterung einen weiteren Höhepunkt und dehnte sich auf andere Medien aus. Herbert las Auszüge aus den Romanen, die in Form von vier Langspielplatten (Sandworms of Dune, The Truths of Dune, Battles of Dune und Heretics of Dune) erschienen. Die LP-Cover wurden selbstverständlich von Schoenherr angefertigt. Im selben Jahr erschien auch ein Dune-Kalender mit farbigen Abbildungen, die schließlich auch im gesuchten Band „The Illustrated Dune“ Verwendung fanden.


Die Heyne-Ausgabe von 1978 mit Titelbildern von Schoenherr.

Nachdem bereits 1967 eine gekürzte Ausgabe des ersten Buches auf Deutsch erschienen war, zog Heyne 1978 für die erste vollständige Ausgabe dieser drei Romane Werke von Schoenherr heran. Sie zierten die Umschläge und alle Bände hatten Farbtafeln.

Daher ist es wohl kein Wunder, dass auch in der gerade erschienenen Neuausgabe wieder diese wunderbaren Gemälde auf 12 Farbtafeln zu finden sind.

Schoenherrs Bilder haben das Bewusstsein für diesen Klassiker der SF-Literatur geprägt und eine Welt sichtbar gemacht, ohne unsere Fantasie zu verletzen. Herbert selbst war begeistert von ihnen und sagte, dass sie exakt seiner Vorstellung von den Sandwürmern, Baron Harkonnen und den Sardaukar entsprächen. Er nannte Schoenherr den einzigen Künstler, der jemals Dune besucht hätte. Ein größeres Kompliment kann man wohl nicht machen.


Analog 12/1963 – Das erste farbige Bild des Wüstenplaneten.


Einige Beispiele der Schwarzweiß-Illustrationen, die Schoenherr für Dune anfertigte.


Das Titelbild der US-Erstausgabe von Dune.


Der Dune-Kalender 1978 – Abbildung mit und ohne Typografie.


Zwei LP-Cover der Lesungen, die Herbert aufgenommen hat.


Der Heilige Gral der Dune-Gemeinde.

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Future Environments

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An der Schnittstelle zwischen Science-Fiction und Fantasy schafft die Russin Lina Karpova Bilder von surrealen Welten in höchst träumerischer Qualität. Unter anderem als Lehrerin für Kulissenmalerei an der Scream School in Moskau tätig, nutzt die Künstlerin ihr bestechendes Talent auch als Concept Artist und Illustrator in der Videospiel-Industrie, wo sie bereits an zahlreichen Projekten wie Armored Warfare (Obsidian), Warface (Cryrek), Strife (S2 Games) oder Dragon Nest (Eyedenity Games) mitgewirkt hat.

Einen kleinen Vorgeschmack auf Karpovas Werk bekommt ihr schon hier, wobei ihr alle Bilder dieses Artikels natürlich auch auf der Website der Künstlerin wiederfindet, auf der die Zeit wie im Flug vergeht, wenn man sich durch die verschiedenen Galerien klickt. Besonders ans Herz legen können wir dabei die fantastischen Landschaftsbilder, von denen wir hier nur einige präsentieren.

 

 

 

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Im November 1915 sagte Albert Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie die Existenz von sogenannten Gravitationswellen voraus. Seitdem versuchten Wissenschaftler überall auf der Erde, einen Beweis für ihre Existenz zu finden. Gestern war es soweit: das Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (LIGO) gab in einer Pressekonferenz bekannt, dass der empirische Nachweis endlich gelungen sei. Am 14. September 2015 konnte das LIGO Gravitationswellen auffangen, die von einem Zusammenstoß zweier schwarzer Löcher vor 1,3 Milliarden Jahren entstanden sind. Riesensensation, Meldungen gehen um die Welt, Nobelpreise winken, alle freuen sich. Aber was genau bedeutet das? Was sind eigentlich Gravitationswellen, und was können wir mit diesem Wissen über sie anfangen?

Albert Einstein stellte 1915 ein Konzept vor, das unseren Blick auf das Universum dramatisch verändern sollte: Schwerkraft. 1918 publizierte er einen weiteren Artikel, in dem er seine allgemeine Relativitätstheorie erweiterte, und darin wiederum sagte er die Existenz von Gravitationswellen voraus. Einstein beschreibt Schwerkraft als die Art und Weise, wie Materie mit der flexiblen „Raumzeit“ interagiert, die in sie eingebettet ist. Besonders massive Körper, etwa schwarze Löcher oder Neutronensterne, deformieren die Raumzeit und beeinflussen ihre Krümmung (und dadurch auch die Bewegungen von Objekten, etwa Sonnen). Immer, wenn solche Objekte beschleunigt werden, produzieren sie kleine Fluktuationen in der Struktur der Raumzeit, die Gravitationswellen.


© R. Hurt, Caltech / JPL

Dabei gilt: Je massereicher das Objekt, desto stärker die Wellen. Wenn sich also zwei Neutronensterne oder zwei schwarze Löcher umkreisen oder kollidieren, erzeugt das besonders starke Gravitationswellen. Diese Wellen verformen den ganzen Raum und beeinflussen alles, was sich darin befindet. Sie bewegen sich aber nicht durch den Raum wie beispielsweise Licht oder elektromagnetische Wellen, sondern sie sind Wellen direkt im Raum. Die Veränderung der Krümmung breitet sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit aus. Newton ging davon aus, dass Gravitation unendlich schnell sein kann. Einstein wiederum nahm an, dass sich Gravitationswellen „nur“ mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten können. Würde unsere Sonne plötzlich verschwinden, würde das Licht bei uns auf der Erde erst acht Minuten später ausgehen. Aber auch die Veränderung in der Krümmung der Raumzeit, die sich von dem Ort, an dem sich die Sonne gerade eben noch befunden hat, in alle Richtungen ausbreiten würde, bräuchte Einstein zufolge ebenfalls acht Minuten, bis sie die Erde erreicht hätte.

Erreicht eine Gravitationswelle unsere Erde, läuft sie einfach durch sie hindurch, denn anders als beispielsweise Licht beeinflusst Materie die Gravitationswellen nicht oder zumindest nur kaum. Vereinfacht gesagt, „streckt“ und „staucht“ eine Gravitationswelle die Raumzeit in einem bestimmten Rhythmus, einem Wellenmuster. Das Problem ist, dass auch etwaige Messgeräte ebenfalls gestreckt und wieder zusammengedrückt werden, was eine Messung enorm erschwert. Nur bei extrem starken Gravitationswellen haben wir überhaupt eine Chance, sie zu messen, weswegen Neutronensterne oder schwarze Löcher dabei eine so entscheidende Rolle spielen: Nur sie sind „schwer“ genug, um ausreichend starke Wellen auszulösen.

Bisher haben wir Gravitationswellen nur indirekt nachweisen können. Die beiden Astronomen Russell Hulse und Joseph Taylor erhielten 1993 den Physik-Nobelpreis für ihre Beobachtung zweier Neutronensterne, die einander umkreisen. Sie stellten fest, dass die beiden Sterne einander immer näher kamen, was bedeutet, dass sie „unterwegs“ Energie verlieren. Hulse und Taylor berechneten, dass die verlorene Energie in etwa dem Wert entspricht, den man erwarten würde, würden beide Neutronensterne Gravitationswellen „abstrahlen“. Aber der direkte Nachweis durch eine Messung konnte nicht durchgeführt werden.


Der Livingston-Detektor in Louisiana © Caltech/MIT/LIGO Lab

Dann kam das LIGO ins Spiel. Das Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory sind zwei vier Kilometer lange Röhren, die sich an einem Ende rechtwinklig kreuzen. Auf der Kreuzung steht ein Laser, der einen Strahl in beide Röhren schickt. Am Ende der Röhren wird der dann von Spiegeln wieder zurückgeschickt, trifft am entgegengesetzten Punkt erneut auf einen Spiegel, der es wieder zurückwirft, und so weiter. Der Laserstrahl legt damit eine wesentlich längere Strecke zurück als nur die vier Kilometer Länge der Röhren. Das LIGO ist so konstruiert, dass die beiden Röhren exakt gleich lang sind; die Lichtstrahlen sollten also, aus beiden Röhren kommend, exakt gleichzeitig wieder am Ausgangspunkt eintreffen. Die Spiegel sind jedoch so eingestellt, dass die Laserstrahlen nicht gleichzeitig am Detektor ankommen. Stattdessen treffen sie so zeitversetzt ein, dass sie sich (dank der Wellenstruktur des Lichts) gegenseitig aufheben – es wird also kein Licht gemessen. Durchläuft eine Gravitationswelle das LIGO, werden die Röhren gestreckt und getaucht, also etwas länger und dann wieder kürzer. Weil die Röhren im rechten Winkel zueinander stehen, verformt die Gravitationswelle sie nicht gleichermaßen. Die Lichtstrahlen, die dann den Detektor treffen, löschen sich also nicht mehr gegenseitig aus.

Weil die Auswirkungen der Gravitationswellen so gering sind, muss das LIGO extrem genau arbeiten und sehr exakt messen können. Zurzeit ist man dort in der Lage, Längenunterschiede in den Röhren festzustellen, die tausend Mal kleiner als der Durchmesser eines Protons sind. Das reicht gerade so für das Messen der stärksten Gravitationswellen. Eine ganze Menge Faktoren kann das Experiment stören, und sei es nur ein vorbeifahrender Zug. Außerdem vibrieren die Atome in allen Objekten, deren Temperatur über dem absoluten Nullpunkt liegt, was die Sache auch nicht einfacher macht. Deswegen hat man zwei Anlagen in rund dreitausend Kilometern Entfernung voneinander gebaut, eine in Livingston, Louisiana, die andere in Hanford, Washington. Weil sich die Gravitationswellen wahrscheinlich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, wird die eine Anlage ein kleines bisschen später als die andere von der Welle erfasst. Messen beide zeitversetzt eine Längenänderung, die mit der in der anderen Anlage gemessenen übereinstimmt, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Gravitationswelle.

Die erste Generation LIGO-Experimente war aufgrund der unzureichenden technischen Entwicklung noch nicht erfolgreich. Was auch nicht verwunderlich ist. 2010 bis 2015 rüstete man LIGO mit neuer Messtechnik aus, und im Herbst 2015 ging es wieder an den Start. Doch niemand rechnete damit, dass man sofort eine Gravitationswelle entdecken würde. Allerdings schlug LIGO beinahe sofort Alarm, genauer: Bereits vier Monate vor dem offiziellen Start, im September 2015. Seitdem suchte das Forscherteam nach möglichen anderen Ursachen – externen Störungen, fehlerhafte Messgeräte und so weiter –, um ganz sicher gehen zu können, dass man wirklich Gravitationswellen entdeckt hat.

Was fangen wir jetzt mit dieser Erkenntnis an? Gravitationswellen werden, wie gesagt, von Materie kaum beeinflusst. Sie können sich ungehindert durch das All ausbreiten. Aus den Messwerten können wir Rückschlüsse auf das Ereignis ziehen, das sie ausgelöst hat – und auf das Objekt (oder die Objekte), die an diesem Ereignis beteiligt waren, wie beispielsweise die schwarzen Löcher oder Neutronensterne.

Schwarze Löcher (im Sinne von perfekten Kugeln aus reiner, leerer, verbogener Raumzeit) wurden bisher nur indirekt beobachtet; vor allem mit Hilfe des Verhaltens von Sternen oder Gaswolken in ihrer Nähe. Einstein sagte ihre Existenz voraus und spekulierte auch, dass sie miteinander verschmelzen können. Man kann sich das so vorstellen wie zwei Seifenblasen, die sich aufeinander zubewegen, dann sozusagen aneinander kleben und schließlich zu einer einzigen Seifenblase werden, die kurz danach wieder ihre Kugelform annimmt. Die Gravitationswellen, die dabei ausgelöst werden, könnten diese Theorie bestätigen, wenn sich nachweisen lässt, dass sie sich in einem bestimmten Muster ausbreiten.


Künstlerische Darstellung eines ultramagnetischen Neutronensterns © NASA’s Goddard Space Flight Center

Neutronensterne sind die Überreste großer Sterne, die kollabierten, nachdem ihr „Brennstoff“ aufgebraucht ist. Sie sind sehr klein – nur ein paar hundert Kilometer im Durchmesser –, dabei aber immer noch so schwer wie die Sonnen, die sie früher einmal waren. Durch die enormen Kräfte, die bei der Verdichtung der „Sonnenmaterie“ wirken, müssten sich Neutronensterne eigentlich zu perfekten Kugeln formen. Ob das wirklich so ist, wissen wir allerdings nicht. Es könnte durchaus sein, dass es „Berge“ auf einem Neutronenstern gibt, die nur wenige Millimeter hoch wären. Von einem kugelförmigen Objekt müssten die Gravitationswellen exakt symmetrisch ausgehen. Abweichungen in den Wellen könnten bedeuten, dass manche Neutronensterne keine perfekte Kugelform gebildet haben – und das wiederum könnte uns bei der Beantwortung der Frage helfen, wie sich Materie unter dermaßen extremen Bedingungen wie beim Kollaps eines Sterns verhält. Ober bei einer Explosion, wenn aus der Sonne eine Supernova wird. Das erzeugt ebenfalls Gravitationswellen, aus denen wir schließen könnten, wie die Masse kurz vor der Explosion in der Sonne verteilt war. 


Cassiopeia A, der Überrest einer gewaltigen Supernova, in Falschfarben. NASA/JPL-Caltech

Etwas größer gedacht, könnten Gravitationswellen uns verraten, wie das Universum kurz nach seiner Geburt ausgesehen hat. Kurz nach dem Urknall dehnte es sich der gängigen Theorie zufolge ziemlich schnell aus, was bis heute anhält. Weit von uns entfernte Objekte, die sich weiter entfernen, erscheinen röter, weil bei der Bewegung die Lichtwellen gewissermaßen in die Länge gezogen werden. Kosmologen können abschätzen, wie schnell sich das Universum ausdehnt, indem sie die Rotverschiebung bei beobachteten Galaxien mit ihrer Entfernung von der Erde abgleichen. Dabei werden die Instrumente mit der Helligkeit eines ganz bestimmten Typs von Supernovaexplosion geeicht. Wenn mehrere Gravitationswellendetektoren auf der Erde und im All (wie beispielsweise die LISA-Pathfinder-Missionen der ESA) allesamt Signale von einem hochenergetischen kosmischen Ereignis, etwa dem Verschmelzen zweier schwarzer Löcher, aufzeichnen würden, könnten Wissenschaftler daraus ableiten, in welcher Galaxie dieses Ereignis stattgefunden hat und das dann mit der Rotverschiebung und der gemessenen Entfernung abgleichen – und so zu einer sehr viel genaueren Abschätzung der Ausdehnungsrate des Universums gelangen.

Auch die Grundlagenphysik könnte von den Gravitationswellen auf den Kopf gestellt werden. Ein gängiges Denkmodell der Stringtheorie nimmt an, dass die Schwerkraft durch ein Teilchen, das sogenannte Graviton, vermittelt wird, das analog zu den masselosen Photonen ist, aus denen, vereinfacht gesagt, das Licht besteht. Wenn das Graviton ebenfalls keine Masse hat, sollten sich Gravitationswellen, wie allgemein angenommen, mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Wenn es doch eine klitzekleine Masse hat, beeinflusst es damit die Gravitationswellen – und mit dem Fortschreiten der Technik wären wir in der Lage, das zu messen.

Wir könnten aber auch, wie der britische Astronaut Tim Peake vorschlägt, der sich derzeit an Bord der ISS befindet, die Welle einfach reiten:

 

Mehr Hintergrundinformationen zu Gravitationswellen und was man damit machen könnte finden Sie unter anderem auf scienceblogs.de. Einen der besten (wissenschaftlichen) Romane über Neutronensterne, Das Drachenei von Robert L. Forward, haben wir in unserem Shop. Alles, was ich über diese einzigartigen Sterne weiß, verdanke ich diesem Roman. 

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Die unheimlichen Fälle der CIA

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Bei der Verfolgung eines Rasers auf einem Highway in der Wüste bei Socorro, New Mexico, beobachtete Polizist Lonnie Zamora am späten Nachmittag des 24. April 1964 etwas Unglaubliches. Er hörte ein lautes Röhren und sah kurz darauf abseits der Straße eine Feuersäule in den Himmel schießen. Zamora ließ den Verkehrssünder sausen und fuhr in die Wüste hinaus, um sich das näher anzusehen. Hinter einem kleinen Hügel brannte es. Vom Hügelkamm aus sah Zamora ein glänzendes Objekt von der Größe eines Autos. Beim Näherkommen stellte er jedoch fest, dass es kein Chrom, sondern eher Aluminium, und dass das Objekt oval war. Als der Polizist sich weiter näherte, gab es ein tiefes Grollen von sich, das lauter wurde, und aus der Unterseite des Objekts schlugen blau-orangefarbene Flammen. Zamora nahm die Beine in die Hand, weil er befürchtete, es könnte explodieren, sah sich bei seiner Flucht den Hügel hinauf jedoch mehrfach um. Er bemerkte an der Seite des Objekts ein rot leuchtendes Symbol und kleine Landebeine, die es abstützten, aber keine Fenster oder Türen. Als er seinen Wagen passiert hatte und sich erneut umsah, stellte Zamora fest, dass das Objekt sich in den Himmel erhoben hatte. Das „Motorengeräusch“ wurde immer lauter, sodass Zamora sich auf den Boden warf und zum Schutz die Arme vors Gesicht schlug. Plötzlich herrschte Stille. Als Zamora wieder aufsah, konnte er dem Objekt, das sich in südwestlicher Richtung entfernte, nur noch tatenlos hinterhersehen, bis es verschwunden war.


Ermittler in Socorro, New Mexico

Klingt wie eine Zusammenfassung einer Akte-X-Folge, stammt jedoch aus den Akten der CIA. Die hat sich, pünktlich zum Neustart der ungemein erfolgreichen TV-Serie um zwei FBI-Agenten, offenbar mit dem Akte-X-Fieber angesteckt und die mysteriösesten Highlights aus den eigenen Akten in Sachen UFO-Sichtungen noch einmal zusammengefasst. Für die Untersuchung von UFO-Sichtungen war zwar die Air Force zuständig, die dazu ein Ermittlungsteam, das Project Blue Book, ins Leben gerufen hatte, aber bei der Agency widmete man sich vor allem in den Vierziger- und Fünfzigerjahren ebenfalls den fliegenden Untertassen. Danach schenkte man den UFOs – angeblich – keine große Beachtung mehr. Project Blue Book ging zwischen 1947 und 1969 insgesamt 12 618 „ungewöhnlichen“ Phänomenen nach. Für die meisten fand sich eine Erklärung. Für insgesamt 701 davon nicht. Ermittler Hector Quintanilla, der in Zamoras Fall ermittelte, hält dieses Beispiel für eine der am besten dokumentierten UFO-Sichtungen überhaupt. Die Ermittler waren davon überzeugt, dass der Polizist die Wahrheit sagte, konnten aber weder das unbekannte fliegende Objekt aufspüren, noch Hinweise auf seine mögliche Herkunft finden. Der Fall ist bis heute ungelöst.

Mit den Jahren kam auch bei der CIA ein reicher Erfahrungsschatz im Hinblick auf Ermittlungsmethoden zusammen, den der Geheimdienst jetzt in zehn wertvolle Tipps mit Kollegen wie Zivilbevölkerung teilt. Denn auch die Agency weiß: Die Wahrheit ist irgendwo da draußen!

1. Gründen Sie eine Gruppe, um die Sichtungen zu untersuchen und zu evaluieren

1948 rief General Nathan Twining, der Chef des Air Force Technical Service Command, das Project Sign (ehemals Project Saucer) ins Leben. Signs Aufgabe war es, Standards zur Untersuchung und Einordnung von Sichtungen unbekannter Flugobjekte zu entwickeln und Daten zu sammeln. Dabei ging man davon aus, dass UFOs durchaus real, aber nicht notwendigerweise extraterrestrischen Ursprungs seien, und dass sie möglicherweise eine Bedrohung für die USA darstellten. Seit 1952 trug das Projekt den Namen Blue Book. 1969 wurde es beendet.

2. Legen sie Ihre Untersuchungsziele fest

In den frühen Fünfzigern ging die CIA davon aus, dass es sich bei den UFOs um sowjetische Flugzeuge handeln könnte, auch wenn sie nie ganz ausschließen wollte, dass es sich möglicherweise doch im Aliens handeln könnte. Dementsprechend sah die Zielsetzung bei den Untersuchungen der Sichtungen unbekannter Flugobjekte in den USA aus: Blue Book sollte a) feststellen, ob das jeweilige Phänomen eine Gefahr für die USA darstellte, b) untersuchen, ob die beobachteten UFOs fortschrittliche Technologien aufwiesen, die zu Forschungszwecken genutzt werden könnten, und c) die Beweggründe identifizieren, die die- oder denjenigen dazu bewogen hatte, seine/ihre Beobachtungen zu melden.

3. Beraten Sie sich mit Experten

In den Fünfzigern und Sechzigern finanzierte die US-Regierung eine ganze Reihe von Studien, Diskussionen und Tagungen zum UFO-Phänomen, darunter auch 1953 das von der CIA gesponserte „Robertson Panel“, benannt nach dem Physiker H. P. Robertson vom California Institute of Technology. Eine Vielzahl von zivilen und militärischen Wissenschaftlern, darunter auch Carl Sagan, war über Jahrzehnte an der Klärung der UFO-Frage beteiligt. Project Blue Book arbeitete mit Astrophysikern, der Luftfahrtbehörde, dem US-Wetterdienst, lokalen Wetterstationen, Instituten zur Atmosphärenforschung, der NASA, Kodak (zur Untersuchung von Fotos) und unzähligen Labors (zur Analyse von Proben) zusammen. Sagans Forschergruppe empfahl Mitte der 60er, dass, obwohl noch kein Beweis für UFOs gefunden worden war, die Untersuchungen dennoch fortgesetzt und noch intensiviert werden sollten, damit diese Frage schnell und abschließend geklärt werden könne.

4. Etablieren Sie ein Meldesystem für Sichtungen

Das Air Technical Intelligence Center (ATIC) der amerikanischen Luftwaffe entwickelte einen Fragebogen, der von Blue-Book-Mitarbeitern bei UFO-Meldungen angewendet wurde: Länge der Sichtung, Datum, Uhrzeit, Ort bzw. Position am Himmel, Wetterbedingungen und die Art und Weise des Auftauchens und Verschwindens lieferten Anhaltspunkte zur Einschätzung, ob sich weitere Ermittlungen lohnten. Die Mitarbeiter des ProjectBlue Book erfassten diese Daten und ordneten sie in verschiedene Kategorien ein: Astronomisch (helle Sterne, Planeten, Kometen, Feuerbälle, Meteore und Nordlichter); Flugzeuge (Propeller- oder Düsenmaschinen, Betankungen in der Luft, Aufklärungs- und Werbeflugzeuge, Helikopter); Ballone; Satelliten; Andere (dazu zählten Raketen, Reflexionen, Fata Morganas, Suchscheinwerfer, Vögel, Drachenflieger, Feuerwerkskörper und Signalraketen); Unzureichende Daten und schließlich die letzte Kategorie: Unidentifiziert. Dazu gehörten alle Fälle, in denen zwar ausreichend Daten vorhanden waren, die aber nicht mit einem bekannten Phänomen in Zusammenhang gebracht werden konnten.

5. Schließen Sie bekannte Objekte aus

Das Ziel der Ermittler war es, eine natürlich Erklärung für so viele gemeldete Phänomene wie möglich zu finden, damit am Ende nur ein kleiner, als „unidentifiziert“ eingestufter Teil, übrig blieb, auf den sich die Ermittler dann konzentrieren konnten. Schon im Frühstadium der CIA-Ermittlungen stellte sich heraus, dass unbekannte oder nicht erkannte Flugzeuge, wie beispielsweise das Aufklärungsflugzeug U-2, für mehr als die Hälfte aller gemeldeten UFO-Sichtungen Ende der Fünfzigerjahre verantwortlich waren. Dazu kamen Erklärungen wie „Himmelsereignisse“, „Scherze“, „Massenhysterie“ und „Halluzination“, „Kriegshysterie“ und, mein persönlicher Favorit, etwas namens „Midsummer Madness“.

Auch ein Blick in die Geschichte konnte beim Identifizieren von vermeintlichen UFOs hilfreich sein. Das Robertson Panel ordnete einige Erscheinungen einer bereits aus dem Zweiten Weltkrieg bekannten Erscheinung zu. Piloten hatten immer wieder von Lichtbällen berichtet, die in der Nähe ihrer Flugzeuge schwebten und sehr schnelle Manöver ausführen konnten. Man nimmt an, dass es sich dabei um elektromagnetische Phänomene, ähnlich den Elmsfeuern, handelte.

6. Entwickeln Sie Methoden, um normale Flugzeuge und andere Himmelsphänomene, die oft für UFOs gehalten werden, zu identifizieren

Flugzeuge, seien es zivile, militärische oder geheime Testmaschinen, werden besonders häufig für fliegende Untertassen gehalten. Die Mitarbeiter von Blue Book erarbeiteten ausführliche Beschreibungen von Flugzeugtypen und Himmelsereignissen und fügten sogar hinzu, warum ein unbedarfter Beobachter diese für UFOs halten könnte.

7. Untersuchen Sie die Beweise der Zeugen

Fotos, Video oder Tonaufnahmen von (vermeintlichen) UFOs sind wichtige Beweise bei den Ermittlungen. 1952 fuhr ein Paar mit seinen zwei Kindern auf dem State Highway 30 durch Tremonton, Utah, als es etwa zehn bis zwölf hell scheinende Objekte am Himmel sah, die sich in einer Art Formation nach Westen bewegten. Der Ehemann hielt sie mit seiner Kamera fest. Später untersuchte das USN Photo Interpretation Laboratory die Aufnahmen und kam zu dem Schluss, dass es sich dabei weder im Vögel, noch um Flugzeuge oder Lichtreflexe handelte, sondern um selbstleuchtende Objekte. Das Robertson Panel beharrte auf weiteren Nachforschungen. Man vermutete, dass man mit kontrollierten Experimenten eine sehr irdische Erklärung für das Phänomen finden würde.

8. Führen Sie kontrollierte Experimente durch

Zur Klärung des oben erwähnten Falls aus Tremonton, Utah, schlug das Robertson Panel vor, die Phänomene experimentell zu reproduzieren. Man wollte unter ähnlichen Wetterverhältnissen Ballone steigen lassen und filmen, um zu zeigen, dass die beobachteten Objekte nicht selbst leuchteten, sondern von irgendetwas angestrahlt wurden. In diesem Fall überstiegen die Kosten der vorgeschlagenen Experimente jedoch den Nutzen, deswegen wurden sie nie durchgeführt. Behauptet jedenfalls die CIA.

9. Sammeln und prüfen Sie physikalische und forensische Beweise

Im eingangs erwähnten Zamora-Fall wurde im Laufe der Ermittlungen alles untersucht, was man nur untersuchen konnte: Man lieh sich Geigerzähler von der Kirtland Air Force Base aus, um Radioaktivität in der „Landezone“ zu finden (überstieg nicht das Normalmaß) und schickte Bodenproben ins Air Force Materials Laboratory (keine unbekannten Stoffe entdeckt). Laboruntersuchungen des brennenden Gestrüpps brachten keine Hinweise auf Brandbeschleuniger.

10. Treten Sie Falschmeldungen entgegen

Die Air Force hatte mit den Fragebögen und dem Project Blue Book ein gutes System etabliert, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Die CIA sorgte sich in den Fünfzigern vor allem, dass die Sowjets mit Meldungen über UFO-Sichtungen Massenpaniken auslösen oder durch die Vielzahl der Meldungen dafür sorgen wollten, dass man die Falschmeldungen nicht mehr von der echten Gefahr unterscheiden konnte. Deswegen empfahl das Robertson Panel, Militär, Forschung und sogar die Zivilbevölkerung zu instruieren, woran man Objekte oder Phänomene wie Wetterballone oder leuchtende Nachtwolken, die häufig für UFOs gehalten wurde, erkennt.

Beeindruckende Liste, oder? Für den Hausgebrauch wohl nur bedingt einsetzbar, aber durchaus aufschlussreich. Die allerwichtigste Regel jedoch hat die CIA – aus verständlichen Gründen, es könnte sich immerhin um die Agentur handeln, die die berühmten „Männer in Schwarz“ beschäftigt – nicht aufgeführt: Trauen Sie niemandem!

Quelle: cia.gov / cia.gov/blog /Bilder: cia.gov

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Terraforming Mars - Dürfen wir das?

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Am Ende von Kim Stanley Robinsons preisgekrönter Mars-Trilogie (im Shop), die jetzt wieder vollständig und neu überarbeitet auf Deutsch vorliegt, ist aus dem roten ein blauer Planet geworden. Terraforming ist eines der zentralen Themen der Trilogie. Die menschengemachten Veränderungen auf dem Mars wirken sich auf alle Bereiche des menschlichen Zusammenlebens aus, darunter auch die politische Haltung der Marsianer der Erde gegenüber. Was wir tun müssten, um das Klima auf dem Mars wärmer zu machen und dem Planeten eine Atmosphäre zu geben, die für irdisches Leben verträglich ist, wissen wir, zumindest theoretisch: Wir kennen effektive Treibhausgase, die die Atmosphäre anheizen (von Robinson „Russell-Cocktail“ genannt).

Die Frage ist nur: Dürfen wir das überhaupt? Haben wir das Recht, einen fremden Planeten zu verändern? Oder haben wir nicht vielmehr die Pflicht, die Natur auf diesem Planeten zu schützen – selbst wenn es sich um eine kalte und offenbar tote Steinwüste handelt? Aus dieser Frage entbrennt in Robinsons Mars-Trilogie ein jahrzehntelanger Streit zwischen Ann Clayborne, der Geologin und „Ökozentristin“, die den Mars so bewahren will, wie er ist, und Sax Russell, dem „Anthropozentristen“ und damit Terraforming-Befürworter. Beide vertreten Positionen, die es auch in der heutigen Wissenschaft gibt. Jenseits der unterschiedlichen Meinungen zu diesem Thema gibt es allerdings keine konkreten, rechtlichen Regelungen, und weil eine Kolonie auf dem Mars angesichts technischer und finanzieller Herausforderungen bisher nur ein wagemutiger Traum ist, scheint es damit auch nicht eilig zu sein.

Der „Weltraumvertrag“ von 1967 ist zwar eine Art rudimentäres Gesetz, sollte allerdings primär verhindern, dass sich der Kalte Krieg ins All ausweitet. Ethische Fragen klammert der Vertrag aus. Deswegen bedienen sich die Terraforming-Gegner in Robinsons Roman wie auch in der realen Welt einer anderen internationalen Vereinbarung als Vorlage für einen „Marsvertrag“: dem „Antarktisvertrag“ von 1961. Er besagt im Kern, dass die Antarktis von den Staaten der Erde nur gemeinsam, friedlich und zu wissenschaftlichen Zwecken genutzt werden darf. Das Erheben von Gebietsansprüchen und der Abbau von Rohstoffen sind verboten, und die antarktische Umwelt muss geschützt werden.
Auch der britische Jurist Laurence Lustgarten bezieht sich in seinem Nachwort zu dem Roman Weißer Mars von Brian W. Aldiss und Roger Penrose aus dem Jahr 1999, in dem er eine „Charta für die Besiedlung des Mars“ postuliert, auf den Antarktisvertrag. Weißer Mars entstand als Reaktion auf Kim Stanley Robinsons Mars-Trilogie und schildert das Schicksal einer Mars-Kolonie, die infolge einer Wirtschaftskrise auf der Erde nicht mehr finanziert werden kann und daher sich selbst überlassen wird. Die Siedler bauen eine eigene Gesellschaft auf und beschließen, ihre Beziehung zum Mars völlig neu zu gestalten, in einer Art und Weise, die Ann Clayborne sicherlich gefallen würde. Lustgartens Charta fasst das noch einmal zusammen, geprägt von der Angst, dass der Mars durch Terraforming zu einer „zweiten Erde“ wird - und damit schlimmstenfalls zu einer zweiten Müllhalde.
Lustgarten, Aldiss und Penrose lassen dem Terraforming allerdings ein Hintertürchen offen. In Artikel II der Charta heißt es: »Die Umwelt des Mars ist unantastbar. Alle Projekte, die eine Bedrohung seiner spezifischen Natur darstellen könnten … bleiben zumindest so lange untersagt, bis der ganze Planet wissenschaftlich untersucht und erforscht ist.« Aber wie lange dauert es, bis ein ganzer Planet wissenschaftlich erforscht ist? Wir leben schon ziemlich lange auf der Erde und studieren sie, können aber wohl kaum behaupten, die Erde wirklich komplett erforscht zu haben. Ann Clayborne könnte also auch nach Jahrhunderten noch argumentieren, dass die Erforschung des Mars nicht abgeschlossen sei.

Grundsätzlich ist dieser Ansatz durchaus sinnvoll: Wir sehen erst einmal nach, was auf dem Mars ist, bevor wir uns entschließen, ihn zu verändern. Der Erfolg möglicher Terraforming-Projekte hängt ja nicht zuletzt auch davon ab, welche Mengen an bestimmten Chemikalien und anderen Rohstoffen tatsächlich auf dem Mars vorhanden sind. Wir können das anhand der von den Orbitern, Landern und Rovern übermittelten Daten bisher lediglich abschätzen; was wirklich dort oben ist, wird sich erst zeigen, wenn wir selbst nachgesehen haben.
Was aber, wenn unserem Heimatplaneten eines Tages die Zerstörung droht, sei es durch unser eigenes Verschulden, sei es durch einen verheerenden Asteroideneinschlag? Weil Leben nach allem, was wir wissen, äußerst selten und kostbar ist, müssen wir es schützen, indem wir unseren Planeten schützen – aber auch über ein mögliches „Ausweichquartier“ nachdenken. Ein terrageformter Mars könnte sicherstellen, dass die Menschheit selbst nach einer kosmischen Katastrophe fortbestehen kann. So argumentieren die Befürworter des Terraformings wie Carl Sagan, der Gründer der Mars Society Robert Zubrin oder der britische Geologe Martyn J. Fogg. Ihnen zufolge sollten wir nicht nur alles tun, um kommenden Generationen eine stabile und vielfältige Umwelt auf der Erde zu hinterlassen, sondern haben auch die Pflicht, dem Leben zu helfen, sich auszubreiten. Und dabei denken sie in erster Linie an den Mars.


Die gewundenen Nanedi Valles auf dem Mars: ehemalige Flussbetten (Bild: NASA)

Dem könnten wir womöglich mit Terraforming sogar etwas zurückgeben, was er vor Jahrmillionen verloren hat. In der marsianischen Geologie finden sich zahlreiche Hinweise darauf, dass der rote Planet tatsächlich einst ein blauer war: Ausflusskanäle wie die Ares Valles und lange, gewundene Flussbetten wie Nanedi Vallis zeigen, dass über einen längeren Zeitraum hinweg flüssiges Wasser an der Marsoberfläche existiert hat, was nur bei einer dichteren, wärmeren Atmosphäre möglich ist. Vieles deutet darauf hin, dass die heutige Vastitas Borealis in der Noachischen Periode, also vor rund viertausend Millionen Jahren, ein Oceanus Borealis war. Spuren dieses Nordmeeres sind bis heute zu finden. In den ehemaligen Ozean gespülte Sedimente bildeten Riffe, die der Mars Global Surveyor der NASA unter anderem in der Cydonia-Region entdeckt hat. Berechnungen zufolge wäre der ehemalige Mars-Ozean durchschnittlich 570 Meter tief gewesen. Auf Satellitenbilder erkennt man auch mit Sedimenten aufgefüllte Krater. Diese zeigen, dass der Mars-Ozean nicht lange Bestand hatte, denn sonst wären die Kraterränder komplett erodiert. Ein Teil dieser gewaltigen Wassermassen ist vermutlich verdunstet und als Schnee auf die Polkappen gefallen. Der Großteil liegt heute vermutlich als Permafrost unter der Oberfläche.
Mars und Erde hatten also in etwa zur selben Zeit flüssige Ozeane, und es ist nicht auszuschließen, dass sich auf beiden Planeten Leben entwickelt hat. Was also, wenn wir bei der Erforschung des roten Planeten – vielleicht in einer unterirdischen, mit flüssigem Wasser gefüllten Höhle – tatsächlich auf kleine grüne Mikroben stoßen? Sogenannte extremophile Mikroorganismen auf der Erde sind in der Lage, ohne Sauerstoff oder Sonnenlicht zu überleben, ja, einige von ihnen können sogar die lebensfeindlichen Bedingungen im Vakuum des Weltalls überdauern, indem sie in eine Art Winterstarre verfallen und erst wieder erwachen, wenn die Bedingungen günstiger sind. Das könnte auch die Überlebensstrategie der Mars-Mikroben sein. Was also, wenn wir damit beginnen, die Atmosphäre des Mars aufzuheizen, und plötzlich feststellen müssen, dass wir damit schlafende Mikroben geweckt haben, die jetzt an die Oberfläche zurückkehren? Sollten wir dann unsere Terraforming-Bemühungen einstellen, um das außerirdische Leben zu schützen? Oder sollten wir angesichts der Tatsache, dass es sich ja »nur« um Mikroben handelt, damit fortfahren, den Planeten zu verändern, auch wenn das bedeuten würde, dass wir die erste außerirdische Spezies, der wir begegnen, vernichten?

Der Planetologe Chris McKay schlägt für diesen Fall eine andere Variante des Terraformings vor, die sich nicht darauf konzentriert, den Mars für Menschen bewohnbar zu machen. Stattdessen hätten wir die Pflicht, der ersten Alien-Spezies, der wir begegnen, zu helfen und den Mars so zu verändern, dass sich diese Spezies dort besser entwickeln kann. Natürlich wäre aber auch das eine Art Terraforming, das dem Leben auf dem Mars das Recht nähme, sich ungestört in seiner eigenen Geschwindigkeit zu entwickeln; eine bessere Alternative zur Ausrottung durch den Menschen ist sein Vorschlag jedoch allemal.
Ob er allerdings für den Fall, dass es tatsächlich Leben auf dem Mars gibt, zur Anwendung gebracht wird, ist fraglich. Denn es kann sein, dass wir den Mars aus sehr viel profaneren Gründen verändern werden: Geld und Profit. Diese Gründe treiben nicht nur Firmen auf der Erde an, die an den Rohstoffen, die auf dem Mars vermutet werden, interessiert sind, sondern auch die Raumfahrtagenturen. Mars-Missionen sind teuer. Die NASA rechnete 2014 mit Kosten zwischen 80 bis 100 Milliarden Dollar für mehrere bemannte Missionen über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrzehnt; Elon Musk, SpaceX-Gründer und Mars-Enthusiast, bezifferte dank der wiederverwendbaren Raketen, an denen das Unternehmen derzeit arbeitet, die Kosten für eine Marskolonie in Zusammenarbeit mit den Raumfahrtagenturen mit rund 36 Milliarden Dollar. Die aktuellen Missionsentwürfe der NASA sehen folglich vor, dass von Anfang an Ressourcen vor Ort genutzt werden sollen, um die Kosten zu senken. Eine dauerhafte Forschungsstation oder gar eine Kolonie auf dem Mars sollte so autark wie möglich sein, damit sich der immense Aufwand wirklich lohnt. Also wird es früher oder später in einem gewissen Umfang durch Rohstoffabbau zu einer Veränderung des Mars kommen. Und irgendwann könnten Kolonisten und Bergbaufirmen ihr Interesse, den Planeten zu terraformen, zur Politik machen. Das »Unternehmen Mars« soll sich ja schließlich auch irgendwann rentieren. Es scheint also nicht unwahrscheinlich, dass wir den Mars eines Tages terraformen werden.

Aber selbst, wenn wir beschließen sollten, den roten Planeten im Großen und Ganzen so zu belassen, wie er jetzt ist, können wir unmöglich ausschließen, dass wir ihn nicht doch verändern. Allein unsere Anwesenheit wird den Mars zu einem anderen Planeten machen. Denn überall, wo die ersten Menschen auf dem Mars hingehen, nehmen sie ihr ganz persönliches Bio-Gepäck mit: Mikroben. Wie die Bilder der mit Mondstaub bedeckten Apollo-Astronauten deutlich zeigen, sind Druckanzüge nie ganz dicht; an den Verschlüssen entweicht konstant Luft, die vom Sauerstofftank nachgepumpt werden muss. Obwohl diese »Lecks« mikroskopisch klein sind, reichen sie doch aus, um unsere Mikroben – jeder Mensch trägt durchschnittlich neun Billionen davon mit sich herum – nach außen dringen zu lassen. Auch unsere organischen Abfälle wie Haare und Fäkalien wimmeln nur so von Kleinstlebewesen, die ins Marsgestein gelangen könnten. Sollte es dort flüssiges Grundwasser geben, könnten sie dort durchaus überleben. Unter günstigeren, etwa durch Terraforming initiierten Verhältnissen könnten sie sich Schätzungen zufolge binnen zwanzig bis dreißig Jahren über den ganzen Planeten ausbreiten. Dabei wären die Mikroben zu einem gewissen Grad harter Strahlung ausgesetzt; sie könnten mutieren und damit zu jenen Mars-Mikroben werden, nach denen wir schon so lange suchen. Außerirdisches Leben – entstanden aus menschlichen Pathogenen und Symbionten.

Ein gewisses Maß an Terraforming wird auf dem Mars also eingeleitet werden, sobald der erste Mensch seinen Stiefelabdruck im roten Staub hinterlässt. Danach werden wir keine Kontrolle mehr darüber haben. Schließlich ist der Mars nicht die Erde, sondern ein fremder Planet. Das von der Erde importierte Leben wird sich an den Mars anpassen und irgendwann eine ganz eigene Lebensform hervorbringen, was Kim Stanley Robinsons Mars-Trilogie mehr als deutlich macht. Wir können diesen Vorgang nicht steuern – wir können ihn allenfalls anstoßen und dann beobachten, was sich daraus entwickelt. Ob wir den Mars zu einer zweiten Müllhalde machen, wie Brian W. Aldiss befürchtet, oder zu einem blauen Planeten, wie Kim Stanley Robinson hofft, liegt an uns.

Kim Stanley Robinson: Blauer Mars• Roman • Aus dem Amerikanischen von Winfried Petri • Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 • 992 Seiten • Paperback • € 15,99 • im Shop

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Die Nerds und ihre Frauen

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Seit 2007 begleiten wir in „The Big Bang Therory“ die Freunde, Vollblut-Nerds und Wissenschaftler Sheldon, Leonard, Howard und Raj samt ihrer Herzensdamen – durch alle Höhen und Tiefen des Lebens, des Forschens und des Nerdseins. Es wurde viel gelacht, gegeeked, gelitten, gestritten, getrennt und letztlich geheiratet, während als Gaststars Leonard Nimoy und kürzlich sein Sohn, Stan Lee, Stephen Hawking, Brent Spiner, Levar Burton, Charlie Sheen, Katee Sackhoff, Billy Bob Thornton, Nathan Fillion oder Darth Vaters Stimme James Earl Jones vorbeischauten – Wil Wheaton gehört inzwischen gar zum Inventar.

Diesen Donnerstag läuft in den Staaten nun die 200. Episode der Hit-Serie von Chuck Lorre und Bill Prady, in der Sheldons Geburtstag gefeiert wird – mit Adam West, dem cheesigen TV-Batman der 60er Jahre, als prominentesten Gaststar der großen Jubiläumsfolge. Aus diesem Anlass hat die kalifornische Stadt Pasadena, in der die Handlung der ungebrochen erfolgreichen Serie angesiedelt ist, den 25. Februar offiziell zum The Big Bang Theory Day erklärt. Auf ProSieben laufen derzeit montags um 20.15 Uhr die Folgen der neunten Season – gerade mal drei Monate nach Ausstrahlung in den USA, was alle Zweifel beseitigen sollte, wie angesagt die Serie auf beiden Seiten des großen Teichs ist.

Nach knapp zehn Jahren kann man sich eine Welt ohne „The Big Bang Theory“ – ohne TBBT – eigentlich gar nicht mehr vorstellen. Schon möglich, dass die Serie durch den abnutzungsbeschleunigenden Wiederholungswahn im deutschen Free-TV ein wenig gelitten hat, und obendrein nicht jeder Fan mit der Entwicklung der Figuren und der Schwerpunkte zufrieden ist. Dabei ist gerade diese Bereitschaft zur Weiterentwicklung bestehender Figuren und etablierter Muster eine der großen Stärken von „The Big Bang Theory“. Mittlerweile geht es in den Episoden ebenso oft um die Paare und ihre romantischen Probleme wie um den guten, alten Nerd-Stoff. Im Grunde wuchsen die Nerds in der Serie zusammen mit den Nerds und Geeks im echten Leben.

Hat „The Big Bang Theory“ am Ende also sogar die Wahrnehmung von Nerd- und Geektum verändert? Die Serie als eine Art flächendeckender Urknall für die Anerkennung von Nerds und Geeks? Schwer zu sagen. Dadurch, dass die nerdigen Kids der 80er und 90er inzwischen an vielen kreativen Schaltstellen sitzen, ist der Mainstream ohnehin von Science-Fiction, Fantasy, Comics und Co. durchdrungen, werden diese Dinge anders wahrgenommen als früher. Der gemeine Genre-Fan, der in den 70ern im gesellschaftlichen Schatten – wenn nicht im sozialen Dungeon – auf Tolkien, Star Trek, Comics und Dungeons & Dragons stand, reibt sich heutzutage vermutlich verwundert die Augen, wie cool das Zeug, das früher beim Erklimmen der sozialen Leiter wie Blei im Rucksack wog, auf einmal geworden ist.

Letztlich ist es nicht weiter relevant, wie salonfähig „The Big Bang Theory“ das Nerdtum tatsächlich gemacht hat, zumal in vielen Folgen ja doch eher der Spleen im Vordergrund stand und nicht unbedingt die Coolness der nerdigen Dinge. Ebenfalls keine Rolle spielt, ob die unter anderem aus „Roseanne“ und anderen Sitcoms rekrutierten Darsteller, die längst mehr als eine Millionen US-Dollar pro Folge kassieren, sich im wahren Leben für Physik, Star Wars oder Spider-Man erwärmen können, oder nicht. Viel wichtiger ist, was für eine Konstante „The Big Bang Theory“ geworden ist. Und klar, an vielen Tagen kann es einen wie Sheldon in seinen schlimmsten, neurotischsten Phasen auf den Zeiger gehen, wenn man den Fernseher anschaltet und unweigerlich in eine Folge TBBT zappt, die man schon fünf Mal halb gesehen hat. Doch dann sind da die müden, kranken, miesen Tage, an denen man reinzappt und dringend ein paar vertraute TV-Gesichter und eine Handvoll Comedy-Lacher braucht, die „The Big Bang Theory“ meistens pflichtschuldig liefert. Oder wenn die Genre-Anspielungen in einer aktuellen Episode einen dann doch wieder mal von einem Ohr zum anderen grinsen oder die romantischen Verirrungen der Jungs und Mädels einen herzhaft lachen lassen. In Staffel neun sind das nicht dieselben Grinser und Lacher wie in den Seasons eins oder vier, aber das ist in Ordnung.

Wir sind nach neun Jahren mit „The Bing Bang Theory“ schließlich auch nicht mehr dieselben wie 2007.

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Landschaftsmalerei der Zukunft

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Vor einigen Tagen haben wir euch bereits die russische Künstlerin Lina Karpova und einige ihrer Science-Fiction-Werke vorgestellt, in deren fantasievollen Landschaften man sich genüsslich verlieren kann. An gleicher Stelle wollen wir nun einen Landsmann der Illustratorin ins Rampenlicht rücken, der mit einer gleichfalls hohen Qualität seiner Arbeit zu begeistern weiß: Dmitry Vishnevsky ist ein freiberuflicher Concept-Artist, dessen Bilder zwischen dystopischer Zukunftsvision und desolaten Landschaften von meditativer Ruhe schwanken. Einer von Krieg und Technik verwüsteten Erde steht hier die unberührte Natur ferner Planeten gegenüber. 

Abermals wollen wir euch einen kleinen Vorgeschmack von Vishnevskys Kunst präsentieren, den alle Interessierten gerne auf dessen Galerie weiter vertiefen können, von der alle hier gezeigten Bilder stammen.

 

 

 

 

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Start zum Mars

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Um 10:31 legte die russische Proton-M-Rakete einen wahren Bilderbuchstart vom Weltraumbahnhof Baikonur hin. An Bord: Der ExoMars Trace Gas Orbiter und der Lander Schiaparelli. In etwa zehn Stunden wird sich die Sonde von der letzten Raketenstufe lösen, die Solarzellen ausfahren und sich auf den Weg zum Mars machen (warum das so lange dauert, erklärt Daniel Scuka vom ESOC Darmstadt in einem Blogbeitrag). In den nächsten sechs Wochen testen die Missionsteams die an Bord befindlichen Instrumente, dann geht die Sonde in die sogenannte „cruise phase“ über: die gewaltige Entfernung zum Mars, rund 500 Millionen Kilometer, wird dabei antriebslos zurückgelegt, das spart Treibstoff. Ende Juli wird es dann erneut kritisch: Der Trace Gas Orbiter wird seine Raketen zünden, um Flugrichtung und Geschwindigkeit so zu ändern, dass er am 19. Oktober den roten Planeten erreicht. Dort wird er das Landemodul Schiaparelli absetzen und dann in einen Orbit gehen, um die Marsatmosphäre genauer zu untersuchen.

Schiaparelli und der TGO sind die erste von zwei gemeinsamen Mars-Missionen der ESA und Roskosmos. Das oberste Missionsziel: Herausfinden, ob es jemals Leben auf dem Mars gegeben haben könnte, und ob dieses Leben heute noch vorhanden sein könnte. Das „Exo“ in ExoMars steht also für „Exobiologie“, der Suche nach nicht-irdischen Leben. Der erste Teil der Mission ist der heute gestartete Trace Gas Orbiter (TGO) und das Landemodul Schiaparelli.

Schiaparelli soll sich bereits am 16. Oktober vom TGO trennen und am 19. Oktober in einer Höhe von rund 121 Kilometern und mit einer Geschwindigkeit von gut 21 000 Kilometern pro Stunde in die Marsatmosphäre eintreten. In den nächsten drei bis vier Minuten wird Schiaparelli von der Atmosphäre gebremst. Die dabei entstehende Reibungshitze soll von einem Hitzeschild abgehalten werden. Sobald die Geschwindigkeit bei „nur“ noch 1700 Kilometern in der Stunde liegt und Schiaparelli eine Höhe von 11 Kilometern über der Marsoberfläche erreicht hat, werden Bremsfallschirme ausgelöst. Danach wird alles, was vom Hitzeschild noch übrig ist, abgesprengt. Der Fallschirm wird Schiaparelli auf 250 km/h abbremsen, dann wird auch er abgesprengt, sodass das Landemodul drei Hydrazinraketen zünden kann, die die Geschwindigkeit weiter verringern. Durch Radarmessungen bestimmt das Modul konstant die Entfernung zur Oberfläche, sodass es in einer Höhe von zwei Metern mittels der Raketen soweit abbremsen kann, dass es einige Sekunden lang praktisch schwebt. Dann schaltet es die Raketen ab und legt die letzten beiden Meter zur Oberfläche im freien Fall zurück. Die Aufprallgeschwindigkeit wird nur wenige Meter in der Sekunde betragen. Die Wucht des Aufschlags wird von einer speziell entwickelten Materialschicht abgefangen, die ähnlich wie eine Knautschzone im Auto wirkt. Sie soll verhindern, dass das Innenleben des Landemoduls beschädigt wird. Dieser ganze Vorgang wird weniger als sechs Minuten lang dauern, und während der ganzen Zeit wird Mars Express, der bereits seit 2003 um den roten Planeten kreist, sozusagen ein Auge auf Schiaparelli haben. Schiaparellis Landezone liegt im Meridiani Planum, einer Tiefebene auf Äquatorhöhe, durch die der marsianische Nullmeridian verläuft. Weil die Ebene so tief liegt, ist die Atmosphäre dort dicht genug, dass das Abbremsen mit einem Hitzeschild überhaupt funktionieren kann. Schiaparelli wird, wenn alles gut geht, der Raumsonde Opportunity Gesellschaft leisten, die seit 2004 die Gegend um den Eagle Krater erforscht.

Während Schiaparelli landet, wird der Trace Gas Orbiter zwei Stunden lang sein Haupttriebwerk für den Eintritt in den Marsorbit zünden, denn die Sonde muss langsamer werden, um in eine stabile Umlaufbahn zu kommen. Zuerst ist diese Umlaufbahn allerdings noch sehr „exzentrisch“, das bedeutet, dass der TGO in einer langgezogenen Ellipse um den Mars kreist und seine Bahn erst nach und nach anpasst. Diesen ersten Orbit hat das Missionsteam „4-Sol-Orbit“ getauft, weil der TGO vier Marstage für eine Umrundung braucht. Dabei variiert die Höhe über der Marsoberfläche zwischen wenigen Hundert Kilometern und rund 100 000 Kilometern. Den angestrebten 1-Sol-Orbit und die optimale Höhe von 400 Kilometern soll der TGO dann zwischen Januar und November 2017 mit mehreren Aerobreaking-Manövern erreichen – das erste Mal, dass die ESA diese Technik um einen anderen Planeten anwenden wird. Der TGO wird dabei kurzzeitig in die obersten Schichten der Atmosphäre eintreten, um durch die Reibung abzubremsen. Diese Technik ist zwar aufgrund der auftretenden Belastungen, vor allem für die Solarpaneele, und wegen der geringen Fehlertoleranz bei den Berechnungen riskant, aber damit spart sich die Europäische Weltraumagentur auch eine Menge Treibstoff für Bremsraketen – eine Gewichtseinsparung, die der wissenschaftlichen Nutzlast zugutegekommen ist. Beim Eintauchen in die Atmosphäre soll der TGO erste Messungen vornehmen.

Die Hauptaufgabe des TGOs ist die Suche nach Methan und anderen Spurengasen in der Atmosphäre, die auf aktive biologische oder geologische Prozesse hinweisen könnten. Auf der Erde kommt Methan in natürlichen Kohlenwasserstoffreservoiren vor, und auch vulkanische und hydrothermale Aktivitäten setzen es aus dem Erdinneren frei. Doch die Hauptproduzenten dieses Spurengases sind Lebewesen – wir Menschen und Tiere. 2003 wurde Methan auch auf dem Mars entdeckt. Die ultraviolette Strahlung der Sonne, die die Marsoberfläche nahezu ungehindert erreicht, zersetzt das Methan, sodass es eine relativ geringe Lebenszeit von rund 400 Jahren hat. Winde sollten eigentlich dafür sorgen, dass das Methan in der gesamten Atmosphäre verteilt wird und überall in etwa derselben Konzentration vorhanden sein sollte. Doch die Methankonzentration auf dem Mars scheint starken lokalen und temporalen Schwankungen unterworfen zu sein; es bilden sich zu bestimmten Zeiten quasi Methan-„Hotspots“, die nach einer Weile wieder verschwinden. Das würde bedeuten, dass es eine „Methanquelle“ auf dem Mars geben muss, die dafür sorgt, dass dieses Gas immer wieder freigesetzt wird – andernfalls wäre 400 Jahre nach dem letzten Vulkanausbruch Schluss gewesen. Die Orbiter und Rover, die bereits auf dem oder im Orbit um den Mars ihren Dienst tun, sind jedoch nicht mit den richtigen Messinstrumenten ausgestattet, um dem Methan-Rätsel auf den Grund gehen zu können. Das soll sich mit dem TGO ändern: er ist in der Lage, Methan und andere Spurengase auch noch in geringen Konzentrationen festzustellen, seine Quellen aufzuspüren und sogar zu unterscheiden, ob das gefundene Methan bei organischen oder geologischen Prozessen entstanden ist.

Eine mögliche geologische Erklärung für die Schwankungen in der Methankonzentration wäre die Serpentinisierung, eine unter der Oberfläche ablaufender Prozess, bei dem olivinhaltiges Gestein mit Wasser interagiert. Auf dem Mars könnte das in wärmeren, also vulkanisch aktiven Gegenden stattfinden. Bisher gingen die Wissenschaftler davon aus, dass der Mars geologisch inaktiv ist. Methan könnte das Gegenteil beweisen. Alternativ ist es auch möglich, dass das Methan bereits vor langer Zeit produziert, dann aber in bestimmten Hydraten, den sogenannten Clathraten, einer kristallinen Struktur, die an Eiskristalle erinnert, eingelagert wurde, und erst heutzutage wieder freigesetzt wird. Eine biologische Erklärung für die Schwankungen der Methankonzentration wäre, dass es sich dabei um das Stoffwechselprodukt von Mikroorganismen handelt, die unter der Marsoberfläche, gut geschützt vor der Strahlung, überleben. Durch eine genauere Bestimmung, wann und wo die Methankonzentration steigt und fällt, soll der TGO dabei helfen, das wahrscheinlichste Szenario zu bestimmen.

ExoMars 2016 bereitet außerdem die zweite Mission, ExoMars 2018, vor, bei der ein Rover auf der Marsoberfläche abgesetzt werden soll. Der Rover ist mit einem Bohrer ausgerüstet, der bis in zwei Meter Tiefe Bodenproben entnehmen kann, die dann im bordeigenen Labor untersucht werden. Unterirdische Gesteinsproben enthalten möglicherweise sogenannte Biomarker, Hinweise auf Leben, das direkt auf der Oberfläche aufgrund der hohen Strahlung nach allem, was wir wissen, nicht gedeihen kann. Außerdem wird ein russisches Mini-Labor auf dem Mars abgesetzt. Für diese beiden Missionen soll der TGO als Funkrelais dienen.

Mehr Informationen zur ExoMars-Mission finden Sie hier.

Quelle/Bilder/Videos: ESA

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Nebel über Pluto

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Vor acht Monaten kam New Horizons dem Zwergplaneten Pluto, dem größten und hellsten Objekt im Kuiper-Gürtel, so nahe wie noch keine Raumsonde vor ihr. Seitdem schickt sie Unmengen von Daten aus einer Region, die so weit entfernt ist, dass das Signal fünf Stunden braucht, um die Entfernung zur Erde zurückzulegen. Vergangene Woche veröffentlichten die Wissenschaftler der Mission fünf zusammenhängende Artikel in der Zeitschrift Science, in denen die bisherigen Erkenntnisse über das Pluto-System zusammengefasst werden. Sie zeigen, dass auf Pluto nahezu nichts so ist, wie erwartet, und dass dieses kleinen System am Rande unseres Sonnensystems einiges auf den Kopf stellt, was wir bisher zu wissen glaubten.

Die erste Überraschung zeigte sich schon aus der Ferne: Plutos Oberfläche ist wesentlich vielfältiger als gedacht. Hätte New Horizons festgestellt, dass Pluto geologisch betrachtet langweilig und inaktiv ist, wäre niemand sonderlich überrascht gewesen. Doch bereits ein Blick durchs Teleskop zeigt, dass es helle und dunkle Regionen auf der Oberfläche gibt, und die Auswertung der Flyby-Bilder verrät, dass Pluto alles andere als dröge ist. Die Fotos offenbarten einen Blick auf eine Welt, die von schroffen Gebirgen ebenso dominiert wird wie von gigantischen Eisebenen. Zudem stellte sich heraus, dass ein Teil der Oberfläche wesentlich jünger ist als zunächst angenommen, und dass er die letzten vier Milliarden Jahre geologisch aktiv gewesen sein muss. Das Alter von planetaren Oberflächen bestimmt man, indem man Krater zählt. Je mehr Krater es gibt und je größer diese sind, desto älter die betrachtete Oberfläche. Plutos Cthulhu Regio ist stark verkratert und demzufolge sehr alt. Andere Regionen weisen kaum Krater auf, ein Beweis dafür, dass ihre Oberfläche relativ jung sein muss und die Krater durch geologische Prozesse – Vulkanausbrüche und dergleichen – ausgelöscht wurden. Das überrascht, denn Pluto ist kleiner als unser Erdenmond. Der Zwergplanet hätte bereits wesentlich länger ausgekühlt sein müssen, als es den Anschein hat. Außerdem ist er so weit von der Sonne entfernt, dass ihre Energie nicht ausreicht, um den Planeten zu erwärmen. Es müssen also andere Vorgänge für die unterschiedlichen Landschaften verantwortlich sein.

Am jüngsten ist die Ebene, die informell auf den Namen Sputnik Planum (siehe Bild unten) getauft wurde. Sputnik Planum ist eine Eisfläche, die etwa so groß wie der US-Bundesstaat Texas ist, und weist gar keine Krater auf. Ihr Höchstalter wird auf gerade einmal 10 Millionen Jahre geschätzt.

Die Oberfläche Plutos wurde, wie die der Erde auch, durch seine Atmosphäre mitgestaltet. Diese besteht in Bodennähe hauptsächlich aus Stickstoff, dazu kommen Kohlenmonoxid und Methan. Diese Gase frieren in jahreszeitlichen Zyklen aus und setzen sich als Schnee auf die Oberfläche, auf der auch Wassereis vorkommt, mit dem sie dann interagieren. Auf der Erde gibt es nur einen einzigen Stoff, der einen solchen jahreszeitlich bedingten Zyklus hat: Wasser. Auf Pluto geht es also wesentlich komplexer zu, als wir hätten ahnen können, und ähnlich schwer tun wir uns derzeit noch, diese Vorgänge zu verstehen.

Ein mögliches Resultat dieser Zyklen wären sogenannte Kryovulkane, die statt heißen Magmas sehr viel kältere Substanzen speien. Solche Vulkane wurden auf Triton, dem größten neptun-Mond entdeckt, wo sie von den gewaltigen Anziehungskräften des Gasriesen, der an seinem Mond rüttelt, in Gang gehalten werden. Pluto hat keinen so großen Nachbarn, und niemand weiß bisher, wie der Kryovulkanismus hätte entstehen können. Und doch deutet vieles darauf hin, dass Wright Mons, ein gut vier Kilometer hoher Berg mit einem Basisdurchmesser von rund 144 Kilometern ein Vulkan ist, nicht zuletzt das „Loch“ in seinem Gipfel. Es ist denkbar, dass Stickstoff unter die Oberfläche eingedrungen ist, dort erwärmt wurde und schließlich durch einen solchen Vulkan wieder in die Atmosphäre entlassen wurde.


Rund zwanzig Nebelschichten kann man auf diesem Bild, das die Ralph/Multispectral Visible Imaging Camera (MVIC) an Bord der NASA-Sonde New Horizons geschossen hat, erkennen. Die Nebelschichten erstrecken sich horizontal über hunderte von Kilometern, verlaufen aber nicht parallel zur Oberfläche. Im unteren linken Bildrand etwa kann man eine Sicht erkennen, die etwa fünf Kilometer über der Oberfläche ist, sich aber der Oberfläche entgegenneigt, je weiter nach rechts man schaut.

Auch Plutos Atmosphäre erweist sich als sehr viel komplexer als zunächst angenommen. Sie hat nicht nur, wie auf dem Foto zu sehen, verschiedene Nebelschichten in unterschiedlichen Höhen, sondern ist auch noch um rund 126 °C kälter und kompakter als angenommen. Das wiederum beeinflusst auch die Rate, mit der der kleine Zwergplanet sie verliert: die ist nämlich rund 10 000 Mal kleiner als gedacht. Was die Atmosphäre kälter macht, ist noch nicht bekannt, aber die Vermutung liegt nahe, dass es eine Art Kühlmittel geben muss. Über die Entstehung der Nebelschichten, die eine bläuliche Farbe haben und bis in die höchsten Schichten der Atmosphäre hinauf reichen, ist man sich hingegen einig: Gravitationswellen. Der Atmosphärenforscher meint damit aber nicht dasselbe wie der Physiker, sondern eine Art Wellenbewegung in den verschiedenen Luftschichten, die auf Pluto durch sehr schwachen Wind hervorgerufen werden. Damit wäre auch geklärt, warum die Nebelschichten nicht parallel zur Oberfläche verlaufen.

Auch Charons Oberfläche ist nicht alt. Vulcan Planum zum Beispiel, eine relativ glatte Ebene in der Äquatorregion, beherbergt die beiden Berge Kubrick und Clarke, die vermutlich ebenfalls Kryovulkane sind und vor vier Milliarden Jahren noch aktiv waren. Das bemerkenswerteste geologische Merkmal des Mondes ist jedoch der gewaltige Spalt, der mit einer Länge von 960 Kilometern größer als der Grand Canyon auf der Erde ist. Vermutlich entstand er, als Wasser unter der Oberfläche gefror und sich dabei ausdehnte, sodass es die Mondoberfläche aufriss. Im Gegensatz zu Pluto gibt es auf Charon überwiegend nur eine Sorte Eis: gefrorenes Wasser. Es gelang dem kleineren Mond vermutlich nicht, flüchtigere Gase wie Methan, Kohlenmonoxid und Stickstoff zu halten, sodass die Gase ins All davonflogen und teilweise wohl von Pluto eingefangen wurden. Die Interaktionen der verschiedenen Gase mit der Oberfläche, die wir auf Pluto feststellen können, finden auf Charon nicht statt


Blauer Nebel über Pluto, wie New Horizons ihn sah

Auch von kleineren Pluto-Monden Styx, Nix, Hydra und Kerberos gibt es Neuigkeiten. Dass sich alle ungewöhnlich verhalten, sich sehr schnell drehen (Hydra dreht sich alle 10 Stunden um ihre eigene Achse und ist damit der schnellste Mond) und auf taumelnden Bahnen um das Pluto-System kreisen, war bereits bekannt. Anhand der Bilder von New Horizons konnte jetzt festgestellt werden, dass einige der Monde durch Kollisionen entstanden sind. Weil alle Monde heller sind als die durchschnittliche Masse im Kuiper-Gürtel – die Helligkeit rangiert von frischem Beton bis hin zu frisch gefallenem Schnee – geht man davon aus, dass sie nicht aus dem Gürtel eingefangen wurden, sondern Überreste einer gewaltigen Kollision sind, die einst das gesamte Pluto-System hervorbrachte. Diese These machte Mission Control anfangs Kopfzerbrechen, weil man davon ausging, dass noch mehr Rückstände dieses Zusammenpralls durchs Pluto-System fliegen würden. Doch New Horizons konnte nicht mehr kosmische Staubpartikel entdecken als im äußeren Sonnensystem üblich – auch das eine weitere Überraschung.

Bis Jahresende dürfen wir uns aller Wahrscheinlichkeit nach auf noch mehr solcher Überraschungen einstellen, denn New Horizons schickt weiterhin Flyby-Daten zur Erde zurück. Bisher ist erst die Hälfte aller Daten übertragen worden. Die Sonde ist bereits unterwegs zum KBO 2014 MU69 (das hoffentlich bald einen neuen Namen erhalten wird) und soll im Dezember 2019 dort ankommen. Dass wir in den nächsten Jahrzehnten dem Pluto noch einmal so nahe kommen werden, ist mehr als unwahrscheinlich.

Quelle/Bilder: NASA/JHUAPL/SwRI

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Als die Sterne verschwanden

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Die ganze Welt hält den Atem an, als eines Nachts die Sterne hinter einem gewaltigen Energieschirm verschwinden. Sofort bricht die satellitengestützte Kommunikation zusammen, doch als am nächsten Tag die Sonne scheinbar wie immer aufgeht, wird eine größere Panik verhindert. Die Barriere verändert das Leben aller Menschen, doch drei sind vom Spin, wie sie genannt wird, besonders betroffen: Tyler Dupree und seine beiden Freunde, die Zwillinge Diane und Jason Lawton. Sie sind im Teenageralter, als die Sterne verschwinden, und vor allem der geniale Jason widmet sein gesamtes Leben der Erforschung des Spin und seiner Erbauer, die man auf der Erde einfach nur die „Hypothetischen“ nennt. Denn ob es sie wirklich gibt und was es mit dem Spin auf sich hat, ist völlig unklar und auch noch nach Jahren der Forschung bestenfalls Spekulation. Jason findet jedoch etwas sehr beunruhigendes heraus: Außerhalb des Spin läuft die Zeit sehr viel schneller ab. Das Ende unserer Sonne ist plötzlich nicht mehr Millionen Jahre entfernt, sondern nur noch Jahrzehnte. Es ist vor allem diese Nachricht, die in einer ganzen Generation nachhallt und die Denkweise der Menschheit insgesamt verändert. Wie sollen wir damit umgehen, dass das Ende der Welt nahe ist und wir sehen können, wie es jeden Tag ein Stückchen näher rückt?

In drei Teilen, Spin, Axis und Vortex, die jetzt in einem Band bei Heyne erschienen sind, konfrontiert Robert Charles Wilson (im Shop) uns einmal mehr mit einer gänzlich veränderten Realität, die von seinen Figuren irgendwie begriffen und verarbeitet werden muss. Neben den „harten Fakten“ zum Spin und der Technologie, die dahintersteckt, geht es um die Frage, wie jeder Mensch reagiert, wenn nicht nur der eigene Tod bevorsteht, sondern das Ende der Welt, das jeden Tag ein Stückchen näher rückt. Das gibt den Protagonisten die Illusion von Kontrolle, von der Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Ereignisse, die jedoch von Diane, Tyler und Jason ganz unterschiedlich wahrgenommen wird.

Mich hat die Trilogie, deren Handlungsstränge ich hier nicht einmal annähernd vollständig wiedergeben kann, schnell und gründlich angefixt – kein Wunder, denn Wilson hält das Tempo die ganze Zeit über ordentlich hoch, und Längen sucht man hier vergebens. Spin – Die Trilogie gehört eindeutig zu den Büchern, an denen man als SF-Fan auf keinen Fall vorbeigehen sollte!

 

Robert Charles Wilson: Spin – Die Trilogie• Drei Romane in einem Band • Aus dem Amerikanischen von Karsten Singelmann, Marianne und P. H. Linckens • Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 • 1120 Seiten • Taschenbuch • € 12,99 • im Shop

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Tauchen Sie ab in Moskaus Untergrund!

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Dmitry Glukhovsky ist ein Name, den man inzwischen auch jenseits der Science-Fiction kennt. Mit seinen beiden Romanen „Metro 2033“ (im Shop) und „Metro 2034“ (im Shop) erschrieb er sich ein Millionenpublikum und wurde weit über die Grenzen Russlands hinaus bekannt. Mit dem letzten Band seiner Metro-Trilogie hat sich Glukhovsky allerdings Zeit gelassen. Sieben Jahre mussten die Fans ausharren, doch nun ist es soweit: Am 11.4.2016 erscheint „Metro 2035“ (im Shop) endlich auf Deutsch (wir berichteten). Kaum hat man die erste Seite aufgeschlagen, ist man sofort wieder mitten drin in den Abenteuern, die der junge Artjom in den Metro-Stationen Moskaus erlebt – Glukhovsky at his best!

Allen, die schon sehnsüchtig die Tage bis zum Erscheinungstermin herunterzähen, können wir als kleines Schmankerl schon mal eine erste Leseprobe zur Verfügung stellen. Viel Spaß beim Lesen!

 

                                                             1                                                                

  Hier Moskau

 

Es geht nicht, Artjom.«

»Mach auf! Mach auf, sag ich.«

»Anweisung vom Stationschef. Ich darf niemanden rauslassen.«

»Was soll das heißen, niemanden? Willst du mich verarschen?«

»Das ist mein Befehl! Zum Schutz der Station … vor der Strahlung … das Tor geschlossen halten. So lautet mein Befehl, kapiert?«

»Kommt das von Suchoj? Hat dir mein Stiefvater den Befehl gegeben? Mach schon auf.«

»Wegen dir krieg ich noch eins auf die Mütze, Artjom …«

»Na gut, wenn du nicht willst, mach ich’s eben selbst.«

»Hallo … San-sejitsch … Ja, vom Posten … Artjom ist hier … Ihr Artjom. Was soll ich mit ihm machen? Ja. Wir warten.«

»Bravo, Nikizka, jetzt hast du mich verpfiffen. Dafür ziehst du jetzt aber Leine! Ich mache auf. Egal was, ich gehe da raus!«

Doch in diesem Augenblick sprangen noch zwei aus der Wächterkabine heraus, zwängten sich zwischen Artjom und die Tür und schoben ihn mitleidig zurück. Auch wenn keiner der Wachleute ernsthaft handgreiflich wurde, war Artjom – ohnehin schon müde, die Augen schwarz umrandet, den Aufstieg vom Vortag noch in den Knochen – ihnen nicht gewachsen. Neugierige hatten sich dazugestohlen: dreckverschmierte Knirpse mit Haaren, durchsichtig wie Glas, aufgedunsene Hausfrauen, die Hände blau und stählern vom endlosen Waschen im eiskalten Wasser, müde Viehzüchter aus dem rechten Tunnel, die einfach nur dumpf gaffen wollten. Sie flüsterten untereinander, sahen Artjom an und zugleich durch ihn hindurch. Auf ihren Gesichtern lag – weiß der Teufel was.

»Er hört einfach nicht auf damit. Wozu will er da rauf?«

»Genau. Und jedes Mal geht dabei die Tür auf. Und dann kommt das alles hier rein, von da oben! Sturkopf, verdammter …«

»Hör mal, lass das … So kannst du nicht über ihn sprechen. Immerhin hat er uns … gerettet. Uns alle. Auch deine Kinder da.«

»Ja, stimmt schon. Aber was jetzt? Wofür hat er sie denn gerettet? Fängt sich da draußen jede Menge Röntgen ein … und wir kriegen auch gleich noch was ab.«

»Und vor allem: Was zum Henker will er dort? Wenn es wenigstens einen Grund gäbe!«

In diesem Augenblick tauchte unter all diesen Gesichtern das wichtigste auf: ein ungepflegter Schnauzer, die spärlichen grauen Haare quer über die Glatze gelegt. Das Gesicht nur mit geraden Linien gezeichnet, nirgends eine einzige Rundung. Und auch alles andere an ihm: steif und zäh wie Hartgummi, als hätte man diesen Mann bei lebendigem Leib gedörrt. Genauso war seine Stimme.

»Geht nach Hause, alle. Habt ihr gehört?«

»Das ist Suchoj. Suchoj ist gekommen. Soll er seinen Jungen mitnehmen.«

»Onkel Sascha …«

»Schon wieder du, Artjom? Wir hatten doch darüber gesprochen …«

»Mach auf, Onkel Sascha.«

»Geht nach Hause, ich sag’s nicht noch mal! Hier gibt es nichts zu gaffen! Und du – komm mit.«

Aber Artjom setzte sich auf den Boden, den glattpolierten, kalten Granit. Lehnte sich gegen die Wand.

»Es reicht jetzt«, sagte Suchoj lautlos, nur mit den Lippen. »Die Leute tuscheln sowieso schon.«

»Es muss sein. Ich muss hoch.«

»Da ist nichts! Nichts! Nichts gibt es da zu suchen!«

»Onkel Sascha, ich hab dir doch gesagt …«

»Nikita! Was stehst du da rum? Los, schaff die Bürger hier weg!«

»Jawohl, San-sejitsch!« Nikita fuhr hoch und begann hastig die Menge wegzuschaufeln. »Also, wer braucht noch eine Extraeinladung? Los, Marsch, Marsch …«

»Das ist doch alles dummes Zeug. Hör zu …« Suchoj stieß die in ihm angestaute Luft aus, wurde auf einmal weich und faltig – und ließ sich neben Artjom auf dem Boden nieder. »Du bringst dich noch um damit. Glaubst du, der Anzug schützt dich vor der Strahlung? Der ist doch wie ein Sieb! Da könntest du genauso gut ein Baumwollhemd tragen!«

»Na und?«

»Nicht mal die Stalker gehen so oft nach oben wie du … Hast du überhaupt mal deine Dosis gemessen? Was willst du eigentlich: leben oder krepieren?«

»Ich weiß, dass ich es gehört habe.«

»Und ich weiß, dass du es dir eingebildet hast. Es gibt niemanden, der Signale schicken könnte. Niemanden, Artjom! Wie oft soll ich es dir noch sagen? Niemand ist mehr da. Außer Moskau. Außer uns hier.«

»Das glaube ich nicht.«

»Denkst du vielleicht, mich kümmert, was du glaubst? Wenn dir die Haare ausfallen, das kümmert mich! Wenn du Blut pisst! Willst du, dass dir der Schwanz eintrocknet?!«

Artjom zuckte mit den Schultern. Schwieg, wog ab.

Suchoj wartete.

»Ich habe es gehört. Damals, auf dem Turm. In Ulmans Funkgerät.«

»Aber außer dir hat niemand etwas gehört. Die ganze Zeit über, egal wie oft sie danach gehorcht haben. Der Äther ist leer. Also was jetzt?«

»Jetzt gehe ich nach oben. Weiter nichts.«

Artjom stand auf, streckte den Rücken.

»Ich will Enkel haben«, sagte Suchoj von unten zu ihm.

»Damit sie hier leben? Im Untergrund?«

»In der Metro«, korrigierte Suchoj.

»In der Metro«, lenkte Artjom ein.

»Und sie sollen ganz normal leben. Erst mal überhaupt auf die Welt kommen, natürlich. Aber so …«

»Sag ihnen, sie sollen aufmachen, Onkel Sascha.«

Suchoj blickte zu Boden. Auf den schwarz glänzenden Granit. Offenbar war da irgendwas zu sehen.

»Hast du gehört, was die Leute sagen? Dass du übergeschnappt bist. Damals, auf dem Turm.«

Artjom verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln.

Er holte tief Luft.

»Weißt du, was nötig gewesen wäre, damit du Enkel bekommst, Onkel Sascha? Du hättest eigene Kinder kriegen sollen. Die könntest du dann herumkommandieren. Und deine Enkel wären dann wenigstens dir ähnlich – und nicht weiß der Teufel wem.«

Suchojs Brauen zogen sich zusammen. Eine Sekunde tickte vorüber.

»Nikita, lass ihn raus. Soll er doch krepieren. Scheiß drauf.«

Nikita gehorchte schweigend. Artjom nickte zufrieden.

»Ich bin bald zurück«, sagte er zu Suchoj aus der Schleuse.

Dieser stemmte sich an der Wand hoch, drehte Artjom den gebeugten Rücken zu und schlurfte, den Granit polierend, fort.

Die Schleusentür knallte zu, die Riegel fielen ins Schloss. Eine grellweiße Lampe an der Decke flammte auf – fünfundzwanzig Jahre Garantie – und spiegelte sich wie die schwache Wintersonne in den verschmierten Fliesen. Die gesamte Schleusenzone war, bis auf eine stählerne Wand, damit getäfelt. Ein verschlissener Plastikstuhl, um sich auszuruhen oder die Stiefel zu binden, an einem Haken ein deprimiert wirkender Strahlenschutzanzug, im Boden ein Abfluss, daneben ein Gummischlauch zur Dekontamination. In der Ecke stand noch ein Armeerucksack. Ein blauer Hörer hing an der Wand, wie bei einer Telefonzelle.

Artjom stieg in den Anzug – dieser war geräumig, wie der eines Fremden. Er holte die Atemschutzmaske aus der Tasche. Zog den Gummi lang, stülpte sie sich über, blinzelte, während er sich an die Sicht durch die runden, nebligen Sichtfenster gewöhnte. Nahm den Hörer ab.

»Bereit.«

Ein schweres Knarren ertönte, und die stählerne Wand – keine Wand, sondern ein hermetisches Tor – begann nach oben zu kriechen. Von außen wehte ein kalter, feuchter Atem herein. Fröstelnd schulterte Artjom den Rucksack, der sich schwer anfühlte, als hätte sich ein Mensch rittlings obendrauf gesetzt.

Die abgenutzten, rutschigen Stufen der Rolltreppe führten steil hinauf. Die Metrostation WDNCh lag sechzig Meter unter der Erde. Gerade tief genug, dass die Wirkung von Fliegerbomben nicht mehr zu spüren war. Natürlich, hätte ein Atomsprengkopf Moskau getroffen, gäbe es hier nichts als eine riesige Grube, gefüllt mit Glas. Doch die Sprengköpfe waren alle von der Raketenabwehr hoch über der Stadt abgefangen worden. Nur ihre Splitter waren auf die Erde herabgeregnet – strahlend, aber nicht mehr explosionsfähig. Nur aus diesem Grund stand Moskau noch immer fast unbeschädigt da, ähnelte seinem früheren Selbst wie eine Mumie dem lebenden Pharao. Arme und Beine befanden sich noch immer, wo sie hingehörten, ein Lächeln lag auf seinen Lippen …

Andere Städte hingegen hatten kein Raketenabwehrsystem besessen.

Ächzend rückte Artjom den Rucksack zurecht, bekreuzigte sich verstohlen, schob die Daumen unter die lockeren Riemen, um sie zu spannen, und begann mit dem Aufstieg.

 

 

Dmitry Glukhovsky: „Metro 2035“ ∙ Roman ∙ Aus dem Russischen von David M. Drevs ∙ Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 ∙ 784 Seiten ∙ E-Book-Preis: € 11,99 ∙ ab dem 11.4.2016 in unserem Shop

 

Dmitry Glukhovsky und sein Übersetzer David M. Drevs sind Ende April auf Lesereise in Deutschland. Alle Termine und Infos hierzu finden Sie im Magazin. Mehr Informationen zum faszinierenden Metro-Universum (im Shop) erhalten Sie in unserem Metro-2033-Themen-Special.

 

 

 

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Der Mann hinter der Metro

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„Ich bin ein Kind der U-Bahn“, sagt der heute 36-jährige Moskauer Dmitry Alexeevich Glukhovsky über sich selbst. Die Fahrt zu seiner Schule im Arbat-Viertel dauerte mit der Metro eine Stunde – genug Zeit für Tagträume und Fantasien, die Glukhovsky auch dann nicht losließen, als er die Schule schon abgeschlossen hatte und an der Hebräischen Universität in Jerusalem Journalismus und Internationale Beziehungen studierte. Eine Sache im Besonderen machte die Metro für ihn so spannend: Sie wurde von vornherein als System von Schutzbunkern konzipiert, um die Bevölkerung und die politische wie militärische Führung der Sowjetunion zu schützen, sollte aus dem Kalten Krieg ein heißer werden. Die Metro (und ihr bis heute geheimes Gegenstück, die Metro-2 oder D-6) verbindet nicht nur Bunker miteinander. Ihre Stationen selbst sind Schutzräume: Viele liegen über 50 Meter tief und können mit hermetischen Toren verschlossen werden. Diese U-Bahn, das wurde Glukhovsky eines Tages klar, ist wie eine Moskauer Arche Noah.

Als Neunzehnjähriger begann er, seine Version von der „Arche Metro“ aufzuschreiben, und bot Metro 2033 (im Shop) zahlreichen russischen Verlagen an – ohne Erfolg. Also entschloss er sich 2002, als er in Frankreich und Deutschland als Journalist für Rundfunk und Fernsehen arbeitete, zu einem damals mehr als ungewöhnlichen Schritt und stellte seinen Erstling online. Die Reise seines Protagonisten Artjoms durch eine so faszinierende wie erschreckende Welt fand so großen Anklang, dass Metro 2033 2007 als Buch verlegt wurde. Der Roman wurde in Russland ein Bestseller, und Glukhovsky legte 2009 die Fortsetzung Metro 2034 (im Shop) nach. Dazwischen mussten sich seine Fans ein wenig in Geduld üben, denn inzwischen hatte Glukhovsky Südamerika besucht und war fasziniert von Mythologie und Geschichte des Landes. Seine ganz eigene Version von beidem verarbeitete er in dem Horror-Roman Sumerki – Dämmerung, der ebenfalls 2007 in Russland erschien.

Das Universum im Untergrund wurde nach dem Erscheinen von Metro 2034 so beliebt, dass andere Autoren es aufgriffen und mit Glukhovskys Einverständnis und Ermutigung ihre eigenen U-Bahnen mit postapokalyptischem Leben füllten. Das Metro-2033-Universum (im Shop) ließ die Grenzen Russlands schnell hinter sich wie die medialen Grenzen: Inzwischen gibt es zwei PC-Spiele, eine Art Schnitzeljagd-Abenteuerspiel in Moskau, ein Graphic Novel namens Outpost und seit neustem ein Brettspiel. Eine Verfilmung des Erstlings scheint auch endlich in die Gänge zu kommen. Glukhovsky blieb danach thematisch in Russland und veröffentlichte 2010 eine Sammlung kurzer satirischer Texte über die russische Lebensrealität unter dem Titel Рассказы о Родине, Geschichten über das Vaterland, ehe er sich in seinem 2014 auf Deutsch erschienenen Roman Futu.re (im Shop) der Zukunft Europas zuwendete, die nur auf den ersten Blick strahlend schön und glücklich ist.

Das Gesicht Moskaus hat sich seit dem Erscheinen von Metro 2033 stetig verändert, doch der Untergrund ist nach wie vor unerforscht und mysteriös. Bis heute gibt er seine Rätsel nur äußerst ungern preis. Das bleibt auch in der Zukunft so: Nach Futu.re tauchte Glukhovsky ein drittes Mal in die Moskauer Unterwelt hinab und setzte in dem soeben auf Deutsch erschienenen Metro 2035 (im Shop) die Geschichte des jungen Metrobewohners Artjom fort. Einmal mehr macht dieser sich auf eine gefährliche Reise durch die Metro – und wir reisen mit Gänsehaut und großen Augen gerne mit.

Dmitry Glukhovsky kommt Ende April auf eine Lesereise nach Deutschland, um seinen neusten Roman Metro 2035 (im Shop) vorzustellen. Außerdem findet am 27.04.2016 eine Livestream-Lesung auf lovelybooks.de statt. Alle Infos zu den Veranstaltungen finden Sie hier. Alles rund ums Metro-Universum haben wir in einem Themenspecial für Sie zusammengestellt. 

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Des Doktors Schöpfung

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Es ist schon ein paar Jahre her, da sorgte eine Neuübersetzung für Furore im Blätterwald des heimischen Feuilletons. Der gebürtige Moskauer Alexander Nitzberg, der in Düsseldorf Germanistik und Philosophie studierte und nun in Wien lebt, hatte sich an das Opus Mangum des 1940 verstorbenen Satirikers Michail Bulgakow gewagt.


Michail Bulgakow

Zwölf Jahre hatte dieser an „Meister und Margarita“ geschrieben, doch durfte es erst knapp zwei Jahrzehnte nach seinem Tod und nur stark gekürzt erscheinen. Nitzbergs Neuübersetzung wurde Ende 2012 bei Galiani Berlin als Hardcover in Halbleinen veröffentlicht und 2014 als Taschenbuch bei dtv. Für seine Arbeit an Bulgakows Meisterwerk wurde der Wahl-Wiener mit dem Jane-Scatcherd-Preis ausgezeichnet und war für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.

Seitdem sind zwei weitere Kurzromane aus Bulgakows spitzer Feder von Nitzberg ins Deutsche übertragen worden: „Das hündische Herz“, das auch in einer bibliophilen Ausgabe bei der Büchergilde Gutenberg erhältlich ist, und „Die verfluchten Eier“. Aufmerksame Leser und Kenner der russischen Literatur mögen nun ins Stutzen kommen. Bekannt sind beide Titel hierzulande als „Hundeherz“ und „Die verhängnisvollen Eier“, wohingegen die faustische Erzählung bis dato unter „Der Meister und Margarita“ firmierte – womit die Neuübersetzung schon bei der Namensgebung anfängt.

Sowohl „Das hündische Herz“ als auch die „Die verfluchten Eier“ handeln von Wissenschaftlern, die ihren Forscherdrang bis zum Äußersten treiben, ohne dabei auf moralische, religiöse oder politische Grenzen Rücksicht nehmen zu wollen. In „Das hündische Herz“ widmet sich der Chirurg und Professor Filipp Filippowitsch Preobraschenski der Verjüngerung des Menschen durch medizinische Eingriffe. Er transplantiert in seine Patienten tierische Organe, um den altersschwachen und wohlhabenden Menschen ein Stück ihrer Jugend zurück zu geben. Sein neuestes Forschungsobjekt ist jedoch ein Straßenköter, den er eines Abends mit einer Wurst ködert und in seine Praxis lockt. Lumpi, so der Name des Tiers, wird zunächst aufgepäppelt, bevor sich der Professor und sein Assistent daran machen, ihm die Hirnanhangdrüse und Hoden eines verblichenen Verbrechers einzupflanzen. Lumpi mutiert innerhalb kurzer Zeit zum Menschen, nennt sich Polygraph Polygraphowitsch Lumpikow und macht das Leben des Professors zur Hölle auf Erden.

Nicht weniger fantastisch geht es in „Die verfluchten Eier“ zu. Hier forscht der Zoologe Professor Wladimir Ipatjewitsch Pfirsichow leidenschaftlich an diversen Amphibien. Durch Zufall entdeckt er eines Tages einen mysteriösen roten Strahl, der Amöben und Frösche zum Riesenwuchs animiert und deren Aggressivität ins Unermessliche steigert. Als eine Hühnerkrankheit das Federvieh in ganz Russland ausrottet, sieht Alexander Semjonowitsch Vluch in Pfirsichows Entdeckung die Chance, dem geliebten Vaterland das Frühstücksei zurück zu bringen. Doch die Behandlung der vermeintlichen Hühnereier hat ungeahnte Folge.

Beide Geschichten spielen vor dem Hintergrund der politischen Umbrüche der 1920er Jahre und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft. Deswegen wurden sie oft einseitig als anti-sowjetisch und kontra-revolutionär gedeutet – was sicherlich einer der Gründe für die Zensur gewesen sein dürfte, die Bulgakows Werk in seiner Heimat erfahren hat. Doch diese Interpretation ist laut Nitzberg alles andere als in sich stimmig. In seinen sehr lesenswerten Anmerkungen und Nachworten weiht er kundige wie unkundige Leser in die Geheimnisse der bulgakowschen Prosa ein und verweist auf die Seitenhiebe, Andeutungen und Persönlichkeiten, die für die jeweilige Erzählung Pate standen.


Die Edelausgabe der Büchergilde Gutenberg

Ohne Zweifel benutzen beide Texte SF-Elemente und Nitzberg betont, dass H. G. Wells Romane „Die Insel des Dr. Moreau“ und „Die Riesen kommen“ als Inspirationsquelle gedient haben. Als magischer Realist konfrontiert Bulgakow die Bewohner seiner fiktiven Welt mit dem scheinbar Unmöglichen. Damit steht er auch in einer literarischen Tradition, die mit den Möglichkeiten der Zeit und dem Unwissen, wenn nicht sogar den Ängsten der Leser spielt. Es entfalten sich „Was wäre wenn…?“-Szenarien, wie man sie z. B. auch aus der englischen Phantastik her kennt (siehe Mary Shelleys „Frankenstein“, R. L. Stevensons „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“). Wer konnte schon wissen, wo die Fiktion aufhört und die Realität anfängt? Die in „Das hündische Herz“ angesprochenen Xenotransplantationen sind keine Spinnereien, sondern ein u. a. von Serge Voronoff ausgeloteter Forschungszweig. Auch er ist eine der vielen Inspirationsquellen Bulgakows. Noch erfolgreicher waren hingegen „Die verfluchten Eier“, die manch einer im Westen für einen Tatsachenbericht gehalten hat.

Was wäre ein Bericht über Neuübersetzungen, ohne einen Blick auf die Sprache zu werfen? Ein lausiger! Wer eine alte Ausgabe von „Hundeherz“ sein Eigen nennt, kann den Vergleich selbst wagen: „Das hündische Herz“ ist nämlich die erste Veröffentlichung des Romans, die auf dem letzten von drei von Bulgakow angefertigten Typoskripten beruht und somit der letzten offiziellen Fassung des Autors zu Grunde liegt. Es wird also nicht nur ein Titel der russischen Vorlage angepasst und Bello zu Lumpi, sondern eine sprachlich feinere und inhaltlich überarbeitete Version erstmals zugänglich gemacht. Hier und da bietet der Übersetzer auch Einblicke in seine Arbeit und zeigt auf, welche Stilmittel Bulgakow verwendet hat. Er war ein Autor der Moderne, der mit Worten Zeit und Zeitgeist einfing: cineastische Erzählweise, Perspektivwechsel, expressionistische Bilder, groteske Figuren und Karikaturen werden zum Mittel, um Gesellschaft, Religion, Politik, Wissenschaft und Medien aufs Korn zu nehmen.

Michail Bulgakow: Das hündische Herz• Aus dem Russischen von Alexander Nitzberg • dtv, München 2014 • 176 Seiten • € 9,90

Michail Bulgakow: Die verfluchten Eier• Aus dem Russischen von Alexander Nitzberg • dtv, München 2016 • 144 Seiten • € 9,90

Michail Bulgakow bei Galiani Berlin, dtv und der Büchergilde Gutenberg.

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Unentdeckte Perlen

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Kennen Sie das? Sie werfen einen Blick auf die aktuelle Bestsellerliste und fragen sich, wie um alles in der Welt es dieser oder jener Titel da drauf geschafft hat. Und diesen Roman, den Sie kürzlich gelesen haben und der Sie völlig aus den Socken gehauen hat, kennt keine – pardon – alte Sau. Um das zu ändern, habe ich meine Top-Fünf-SF-Bücher zusammengestellt, die einen Platz auf der Bestsellerliste verdient hätten:

 

5. Pierce Brown: Red Rising

Lassen Sie mich raten: Sie haben nur „Jugendbuch“ gelesen und Red Rising (im Shop) von Pierce Brown als Panem-Aufguss abgetan, richtig? Ja, es gibt eine Art „Hungerspiele“, in denen junge Menschen in einem gnadenlosen Kampf gegeneinander antreten müssen, aber das war‘s dann auch schon mit den Parallelen. Denn die „Spiele“ sind Bestandteil der militärischen Ausbildung und werden dementsprechend auch nicht mit Romanzen gewonnen. Darrow lebt auf dem Mars und gehört der niedrigsten Kaste, den Roten, an. Jeden Tag schuftet er in den Minen, stets in der Hoffnung, dass das Terraforming eines Tages Früchte trägt. Seine Frau wird für ein rebellisches Lied zum Tode verurteilt. Darrow schwört daraufhin den Goldenen, die in der Hierarchie ganz oben stehen, Rache. Doch die kann ihm nur gelingen, wenn er einer von ihnen wird …

Wem sich nach der Hinrichtungsszene am Anfang des Romans der Magen nicht umgedreht hat, ist innerlich bereits tot. Red Rising ist nichts für schwache Nerven!

 

4. Harlan Ellison: Ich muss schreien und habe keinen Mund

„Nee, kenn ich nicht“, ist die Standard-Antwort, wenn ich vom amerikanischen Genre-Urgestein Harlan Ellison erzähle. Warum er in seiner Heimat berühmt, hierzulande allerdings nur einem kleinen Kreis ein Begriff ist, verstehe ich beim besten Willen nicht. Liegt es daran, dass er überwiegend Kurzgeschichten geschrieben hat? Oder dass er wie ein moralischer Kompass ist, der gleichzeitig in unterschiedliche Richtungen zeigt? Wie dem auch sei: Diese abgrundtiefe Bildungslücke können Sie mit dem Sammelband Ich muss schreien und habe keinen Mund (im Shop) schließen, in dem zwanzig Stories, mal Science-Fiction, mal Horror, mal Crime Noir, aber allesamt genial, versammelt sind.

Wer sich nicht sofort auf einen dicken Wälzer einlassen will, kann sich erst einmal mit einer Gratis-Story aus Ich muss schreien … anfixen lassen: „Bereue, Harlekin!“, sagte der Ticktackmann gibt es in unserem Shop, Die bessere Welt hier in unserem Magazin.

 

3. Rob Reid: Galaxy Tunes

Die Deutschen haben wohl keinen Humor. Das ist die einzige Erklärung, die mir einfällt, warum kaum jemand die wahrscheinlich witzigste Space Opera (mit Betonung auf „Opera“!) der Welt kennt: Rob Reids Galaxy Tunes (im Shop). Die Menschen sind Versager, das weiß das ganze Universum. Nur die Musik, die auf Erden produziert wird, die ist richtig gut. So gut sogar, dass sich die Aliens der gesamten Galaxis ungeniert die wunderbaren terrestrischen Klänge herunterladen. Doch dann finden Alien-Anthropologen heraus, dass es auf der Erde eine merkwürdige Tradition gibt: das Urheberrecht. Nun stehen die Aliens ausgerechnet bei der geistig minderbemittelten Menschheit so tief in der Kreide, dass dieser die komplette Galaxis gehört. Bleiben zwei Möglichkeiten: Die Vernichtung der Erde oder der legale Weg. Urheberrechtsanwalt Nick Carter (nein, nicht der von den Backstreet Boys!) soll’s richten und die Aliens aus der Sache rausboxen.

Reid brennt ein wahres Feuerwerk aus Musik-Trivia, Popkultur-Referenzen und Absurditäten ab, das unglaublich skurril ist. Die Frage ist nur: Was davon ist erfunden, was nicht? Dass das Universum plissiert ist klingt irgendwie logischer als die Tatsache, dass ein Einfamilienhaus weniger kostet als eine Raubkopie von My Sharona, oder?

 

2. Connie Willis: Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Historikerin Kivrin wird aus dem Jahr 2054 ins mittelalterliche England geschickt. Doch bei der Übertragung kommt es zu Problemen, und so landet sie nicht wie geplant im Jahr 1320, sondern im Jahr 1348 – dem Todesjahr, in dem die Pest England entvölkerte. Und eine Rückkehr in die Zukunft scheint unmöglich zu sein … Ja, genau: Die Jahre des Schwarzen Todes (im Shop) ist ein Zeitreise-Mittelalter-Roman. Aber einen wie diesen haben Sie in Ihrem Leben noch nie zu Gesicht bekommen. Im mittelalterlichen England findet sich nicht die geringste Spur von Wanderhuren-Romantik (fetter Pluspunkt), und im England der Zukunft haben diejenigen die Kontrolle über die Zeitmaschine, die damit auch umzugehen wissen: Die Historiker (nicht etwa die Physiker – noch ein Pluspunkt). Connie Willis fängt nicht nur den Horror der Pestjahre ein (spätestens auf Seite 300 werden Sie Ihre Lymphknoten abtasten), sondern schildert parallel dazu einen modernen Seuchenausbruch in der westlichen Welt, der nicht minder erschreckend ist. Horrorvorstellungen, aufgelockert durch verrückte Professoren und eine starke Forscherin im Mittelalter – warum haben Sie dieses Buch nicht schon längst im Regal?

 

1. China Miéville: Perdido Street Station

New Crobuzon ist ein Moloch von einer Stadt. Hier ist alles möglich; hier bekommt man selbst den abgründigsten Herzenswunsch erfüllt. Doch selbst dieser Albtraum von einer Stadt kann einen Albtraum haben. Durch eine Verkettung von unglücklichen Umständen und Zufällen lässt der abgehalfterte Wissenschaftler Isaac Dan dar Grimnebulin gefährliche Monster los, die New Crobuzon vernichten können, wenn er sie nicht zuerst unschädlich macht. Die Suche nach dem Versteck der Kreaturen ist wie eine Schnitzeljagd durch ein Wunderland, das absolut surreal ist und sich gleichzeitig unfassbar real anfühlt. Die Details, mit denen Miéville seine Stadt anfüllt, sind so unglaublich, dass mir beim Lesen vor Staunen der Mund offenstand. Die oben skizzierte Handlung ist auch nur das Grundgerüst – es gibt tausend Nebenplots, die vom Hauptstrang abzweigen und sich ein paar hundert Seiten später wieder mit ihm vereinigen.

Perdido Street Station (im Shop) ist mal Fantasy, mal Steampunk und mal Science-Fiction; China Miéville ist der wahrscheinlich coolste Autor der Welt; und die Übersetzerin Eva Bauche-Eppers, die für ihre Übersetzung von Miévilles Das Gleismeer (im Shop) für den Kurd Laßwitz Preis nominiert ist, hat ein wahres Meisterwerk abgeliefert. Nur Sie scheinen diesen Roman aus mir völlig unverständlichen Gründen noch nicht im Regal stehen zu haben. 

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Heyne Sneak-Peek Herbst 2016

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Nachdem wir gestern bereits das Cover deutschen Science-Fiction-Spitzentitels im Herbst, „Moonatics“ von Arne Ahlert, vorgestellt haben, folgt nun die ausführliche Programmvorschau. Vorhang auf für den Herbst!
 

November 2016

Das Highlight im Science-Fiction-Herbst dieses Jahres ist gleich ein Zusammentreffen von drei der größten SF-Autoren unserer Zeit: Stephen Baxter (im Shop) und Alastair Reynolds (im Shop) haben sich zusammengetan, um eine Kurzgeschichte von Arthur C. Clarke weiterzuschreiben – in „Die Medusa-Chroniken“! Aber auch, wer die Story „Ein Treffen mit Medusa“ nicht kennt, wird den Roman genießen können. (Die Story wird zeitgleich als E-Book wiederveröffentlicht werden.) Großmeister Clarke (im Shop) ist darüber hinaus mit dem Sammelband „2001: Odyssee im Weltraum – Die komplette Saga“ vertreten. Daneben gibt sich Mit-Großmeister Isaac Asimov (im Shop) mit „Das Ende der Ewigkeit“ die Ehre, und die Newcomering Sarah King startet ihre Military-SF-Reihe „Zero – Kadett der Sterne“.

Dezember 2016

Im Dezember erobern in Arne Ahlerts „Moonatics“ die Hippies den Mond. Kim Stanley Robinson, bekannt für seine gewaltige Mars-Trilogie (im Shop), hat mit „Aurora“ den definitiven Generationenschiff-Roman geschrieben. Al Robertsons entfaltet in „Dunkler Orbit“ einen postapokalyptischen Thriller in der Erdumlaufbahn, und David Brins „Der Übungseffekt“ ist zwar schon etwas älter, aber weil die Heyne-E-Only-Ausgabe (im Shop) auf solche Begeisterung gestoßen ist, wird der Roman noch einmal im Print aufgelegt.
 

Januar 2017

Ian McDonald (im Shop) ist einer der ganz großen literarischen SF-Autoren. Mit „Luna“ erscheint sein neuestes, international bereits hochgelobtes Werk – episch, ambitioniert und zukunftsweisend. Das Wüstenplanet-Universum (im Shop) wird von Brian Herbert und Kevin J. Anderson mit „Die Mentaten des Wüstenplaneten“ weitergeführt, und Marko Kloos setzt seine Military-SF-Bestsellerserie (im Shop) mit dem vierten Band „Alien Wars – Operation Mars“ fort. Mit James P. Hogans „Das Erbe der Sterne“ erscheint in der Reihe Meisterwerke der Science-Fiction (im Shop) ein weiterer Klassiker.
 

Februar 2017

Stellen Sie sich vor, Sie leben in einer Gegenwart ohne JFKs Ermordung, ohne Golfkriege und 9/11 – nur um festzustellen, dass nicht eine friedliche Utopie, sondern eine Alien-Invasion für diese verzerrte Realität verantwortlich ist. So erzählt es uns Robert Charles Wilson (im Shop) in seinem neuesten Roman „Kontrolle“. Mit „Kolonie“ kehrt der deutsche Autor und Übersetzer Norbert Stöbe (im Shop) zurück. James Sawyer (im Shop) setzt seine Military-SF-Saga mit „Die Lazarus-Legion“ fort, wie auch Michael Cobley (im Shop) seinerseits mit dem vierten Band „Jäger des Lichts“.
 

März 2017

Der März steht ganz im Zeichen von James Coreys epischer Expanse-Saga (im Shop). Mit „Babylons Asche“ erscheint der sechste Band der Reihe, während die ersten drei Bände „Leviathan erwacht“, „Calibans Krieg“ und „Abbadons Tor“ als Taschenbücher in der Optik der gefeierten TV-Serie publiziert werden, deren zweite Staffel bereits im Januar 2017 in den USA anlaufen soll.
 

April 2017

Den Abschluss des Programms bilden noch einmal literarische Schwergewichte des Genres. Cixin Lius ambitionierte Trilogie (im Shop) wird mit „Der dunkle Wald“ fortgesetzt. Ann Leckies international hochgelobte und mit Preisen überschüttete Raadchai-Trilogie (im Shop) findet in „Das Imperium“ ihren Abschluss. Alastair Reynolds (im Shop) erzählt sein Zukunftsepos mit „Duplikat“ fort, und der dritte Großmeister des Genres, Robert A. Heinlein (im Shop), betritt mit einer Neuausgabe von „Die Invasion“ die Bühne.

Weitere Infos und bibliografische Angaben werden in Kürze auf www.heyne.de in der Online-Vorschau veröffentlicht, und bald darauf auch hier im diezukunft-Shop.

Wir fragen uns natürlich an dieser Stelle: Auf welchen Titel freut ihr euch am meisten? Schreibt es uns in die Kommentare!

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Die Stadt unter der Stadt

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Sie ist nicht das tiefste, aber sie gilt als die schönste: die Moskauer Untergrundbahn, Schauplatz der Metro-Romane von Dmitry Glukhovsky. Vom Glanz der Stationen, die wegen ihrer reichen Stuckverzierungen, Mosaiken, Glasfenster und ihrer Größe oft als „unterirdische Paläste“ bezeichnet werden, ist in Glukhovskys düsterer Zukunft im Jahr 2035 nur noch wenig übrig geblieben. Nach einem verheerenden Atomschlag leben die Menschen in den U-Bahn-Stationen, jede ein eigenes kleines Königreich. In drei Romanen, Metro 2033 (im Shop), Metro 2034 (im Shop)und dem kürzlich auf Deutsch erschienenen Metro 2035 (im Shop), muss ein junger Metrobewohner namens Artjom sich auf gefährliche Reisen durch die geheimnisvolle Stadt unter der Stadt machen, um das, was von der Menschheit übrig ist, zu retten.

Unter Moskaus Oberfläche liegt tatsächlich eine wahre Stadt, die auch die Metro, ihre Stationen, Wartungstunnel und Geisterbahnhöfe beinhaltet, um die sich zahllose urbane Legenden ranken. Die Linie 5 beispielsweise, die Ringlinie, die Artjom von einem kleinen Metro-Königreich zum anderen bringt, geht angeblich auf Stalin persönlich zurück. Als er den Bau der Metro seinen Stadtplanern besprach, stellte er seine Kaffeetasse auf den Blaupausen ab. Weil die Architekten fürchteten, den Genossen zu verärgern, bauten sie gemäß dem Kaffeerand eine Metrolinie, die bis heute auf den Übersichtsplänen braun eingezeichnet wird. Auf der Ringlinie verkehren Züge sowohl im als auch gegen den Uhrzeigersinn, sodass man schnell (allerdings dank des hohen Fahrgastaufkommens nicht sonderlich komfortabel) von A nach B kommt. Hier fahren auch immer wieder Sonderzüge, wie beispielsweise ein Literaturwagen, in dem auch schon Dmitry Glukhovsky aus Metro 2035 gelesen hat.

Der Zugang zu einem der größten Mysterien des Moskauer Untergrundes befindet sich angeblich innerhalb der Ringlinie, direkt unter dem Kreml: Hier hat die sagenumwobene Metro-2 ihren Anfang, die auch Artjom, Hunter und Melnik mehr als einmal gut zupass kommt. In der realen Welt wird sie neben, über und unter den regulären U-Bahn-Tunneln vermutet und soll von der Sowjetregierung im Kalten Krieg angelegt worden sein, um Regierungs- und Militärgebäude, die Privathäuser der Parteiführung, unterirdische Bunker und den Militärflughafen Wnukowo-2 miteinander zu verbinden. Weder das staatliche Unternehmen, das die Moskauer Metro betreibt, noch offizielle Stellen in der russischen Regierung haben diese Gerüchte bestätigt – aber sie haben sie auch nicht verneint. 1992 veröffentlichte Wladimir Gonik seinen Roman Преисподняя, Inferno, in dem er ein unterirdisches System aus riesigen Bunkern, die durch Tunnel miteinander verbunden sind, beschreibt. Gonik entdeckte in seiner Wohnung eine geheime Tür, die in unterirdische Gewölbe führt, und erkundete zwanzig Jahre lang illegal die Stadt unter der Stadt. Seine Entdeckungen ließ er in seinen Roman einfließen.

Doch was ist dran an den geheimen Tunneln? Tatsache ist, dass man sich in Moskau ab 1958 auf obersten Befehl hin eingrub. Die Sowjets ließen große Bunkeranlagen, komplett mit Krankenhäusern, Schulen, Wohn- und Arbeitsbereichen, errichten, in die man sich im Falle eines Atomkriegs flüchten wollte. Wie groß diese Anlagen sind, ist bis heute nicht bekannt; nur einer der Bunker wurde zum Teil zu einem Museum umgebaut. Die einzelnen Gebäude werden offenbar durch unterirdische Tunnel verbunden, die sowohl mit Autos als auch mit U-Bahn-Zügen befahren werden können. Wie viele solche Tunnel es geben soll, ist bis heute unklar, und offizielle Stellen schweigen sich nach wie vor darüber aus – was die ganze Sache umso interessanter macht.


Die Linien der Metro-2 gemäß eines Berichts des US-Verteidigungsministeriums von 1991

Angeblich gibt es vier geheime Metro-Linien, die bis heute gewartet werden. Drei davon werden in einem Bericht des US-Verteidigungsministeriums von 1991 erwähnt. Die Linie 1, auch als D-6 bezeichnet, wurde diesem zufolge 1967 in Betrieb genommen und führt vom Kreml unter der Lenin-Bibliothek und den Sperlingsbergen nach Ramenki (neben dem Gelände der Moskauer Universität gelegen), wo sich eine unterirdische Bunkerstadt befindet, die rund 20 000 Menschen versorgen kann. Von dort aus führt die Linie weiter zu den Akademien von FSB und Generalstab, um am Regierungsflughafen Wnukowo-2 zu enden. Die zweite Linie führt vom Kreml aus nach Süden zum Regierungspensionat Bor und weiter zur Kommandozentrale der Luftabwehr – fast 60 Kilometer. Linie drei beginnt wohl ebenfalls am Kreml und läuft dann unter der Lubjanka nach Nordwesten zu einem Kommandobunker. Ob die Linie vier existiert, ist ungewiss; im Haushaltsplan der russischen Regierung von 1997 tauchen Pläne auf, die eine Verbindung zu einem Bunker an der Rubljowskoje Chaussee (neben dem Wohnhaus Boris Jelzins) bis zum Sanatoriums- und Bunkerkomplex in Barwicha zeigen. Angeblich wurde diese Linie nie gebaut, weil man für den Bau auf amerikanische Fördergelder angewiesen war – und den Geldgebern gefielen die Pläne wohl nicht.

Die Beweise für die Existenz zumindest bestimmter Teilabschnitte der Metro-2 finden sich, so die Unterstützer der Metro-2-Theorie, unterirdisch wie an der Oberfläche. Die parallel verlaufende Streckenführung von der Arbatskaja über die Stationen Kiewskaja und Smolenskaja ist angeblich der geheimen U-Bahn geschuldet, die man kurzerhand ins bestehende Netz eingegliedert hatte, um beim Ausbau zu sparen. Die Metro-2 soll auch daran schuld sein, dass der Bahnhof Worobjowy Gory auf einer Brücke errichtet werden musste, weil die geheimen Tunnel dort unter der Moskwa hindurch führen und nicht öffentlich genutzt werden sollten. Immer wieder entdecken Fahrgäste an bestimmten Stationen oder in Tunneln abzweigende Gleise, die die Metro mit ihrem geheimen Gegenstück verbinden. An der Oberfläche finden sich viele abgedeckte Lüftungsschächte, die den Streckenverlauf der Metro-2 markieren sollen. Und die heute veralteten Züge, allesamt mit Sonderausstattung, die die Funktionäre in Sicherheit bringen sollten, müssen regelmäßig gewartet und überholt werden – von ganz normalen Metro-Mitarbeitern, die darüber wohl nicht immer Stillschweigen bewahren.

Seit 1990 versucht die Gruppe um Vadim Mikhailov, die sich „Diggers of the Underground Planet“ nennt, dem Moskauer Untergrund gewissermaßen auf den Grund zu gehen. Mikhailov interessiert sich nicht nur für die geheime Metro, sondern auch für alle anderen unterirdischen Ebenen, die bis ins Mittelalter zurückreichen. Neben der Metro-2 gehört vor allem die verschollene Bibliothek von Iwan dem Schrecklichen zu den Schätzen, die die Digger in den Untergrund locken. Ihre Exkursionen sind allerdings nicht legal, auch wenn sie hin und wieder mit den Behörden zusammenarbeiten. Sie halfen im Oktober 2002 bei der Befreiung der Geiseln im Dubrovka Theater, und ein Jahr später entdeckten sie 250 Kilogramm radioaktiven Materials in beschädigten Behältern direkt unter der Universität, das anschließend von den Behörden abtransportiert wurde. Mikhailovs Ziel ist es, den Untergrund zu einer Touristenattraktion zu machen, aber bisher hat er damit wenig Erfolg, nicht zuletzt, weil die Stadt Moskau die dafür notwendigen finanziellen Mittel nicht aufbringen will. Was sich also im Untergrund neben der Metro-2, ganzen Kolonien illegaler Einwanderer, alten KGB-Horchposten, Bunkern und unterirdischen Flüssen noch befindet, wird noch eine ganze Weile reine Spekulation bleiben. Es sieht jedenfalls so aus, als würde auf Artjom und seine Kollegen aus dem Metro-Universum (im Shop) noch einiges im Dunkeln lauern.

Dmitry Glukhovsky: Metro 2035• Roman • Aus dem Russischen von M. David Drevs • Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 ∙ 784 Seiten ∙ E-Book-Preis: € 11,99 ∙ in unserem Shop

Mehr Informationen rund um die Moskauer Metro finden Sie auf metro.ru. Titelbild: Tunnel an der Station WDNCh © Aleksandr Popov

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Über Pfingsten schon was vor?

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Weihnachten und Ostern ist man ja meistens so im (Familien-)Stress, dass man sich nicht wirklich entspannen kann – geschweige denn die Zeit aufbringt, sich mal wieder mit einem richtig dicken Schmöker aufs Sofa zu kuscheln und sich komplett in eine andere Welt beamen zu lassen. Pfingsten hingegen ist dafür ideal: Was da gefeiert wird, weiß ohnehin keiner mehr, aber man bekommt trotzdem zwei Wochen Ferien, in denen man sich endlich durch den berühmten „SuB“, den „Stapel ungelesener Bücher“, arbeiten kann. Wie, Sie haben sowas nicht? Oder können sich nicht entscheiden? Kein Problem: Hier sind drei richtig dicke Dinger, die Sie die Pfingstferien über in allerfernste Zukünfte entführen:

3) Robert A. Heinlein: Die Geschichte der Zukunft

Wie wird sich unsere Gesellschaft in den nächsten zweihundert Jahren entwickeln? Wird es eine christlich-fundamentalistische Diktatur in den USA geben? Ein neues Zeitalter der Sklaverei auf der Venus? Highspeed-Förderbänder statt Autobahnen? Gemeinsam mit dem Unsterblichen Lazarus Long schickt Robert A. Heinlein den Leser auf eine faszinierende Reise in die Zukunft und inszeniert dabei ebenso erschreckend wie unterhaltsam den Zusammenbruch der Welt, wie wir sie kennen …

Robert A. Heinlein: Die Geschichte der Zukunft• Sammelband • Aus dem Amerikanischen von Rosemarie Hundertmarck • Wilhelm Heyne Verlag, München 2015 • Taschenbuch • 1248 Seiten • € 14,99 im Shop

 

2) Dan Simmons: Die Hyperion-Gesänge

In den Weiten des Alls hat sich die Menschheit über unzählige Sonnensysteme ausgebreitet. Während technischer Fortschritt und Dekadenz Unmögliches wahr machen, suchen sechs Menschen Antwort auf die größte aller Fragen: Was ist das Leben, was ist der Tod?

Dazu begeben sie sich auf eine Pilgerfahrt nach Hyperion, wo das Shrike herrscht, ein rätselhaftes, halb organisches, halb mechanisches Wesen, der Inbegriff von Schmerz und Qual. Es bewacht die Zeitgräber, und genau dort erfüllt sich das Schicksal der Pilger - und der Menschheit in der Zukunft.

Dan Simmons: Die Hyperion-Gesänge• Zwei Romane in einem Band • Aus dem Amerikanischen von Joachim Körber • Wilhelm Heyne Verlag, München 2013 • Paperback • 1408 Seiten • € 18,99 • im Shop

Darf‘s noch etwas mehr sein? Die nicht minder dicke Fortsetzung Endymion finden Sie ebenfalls in unserem Shop.

 

1) Robert Charles Wilson: Spin – Die Trilogie

Eines Tages legt sich ein gigantischer Energieschirm um die Erde. Als er Jahre später wieder verschwindet, hat sich die Welt grundlegend verändert: Riesige Tore verbinden die Erde nun mit anderen, Lichtjahre entfernten Planeten. Wie groß ist dieses Netzwerk aus Welten? Zu welchem Zweck wurde es geschaffen? Und vor allem: von wem? Für den jungen Tyler Dupree beginnt ein Abenteuer, das die Grenzen der Vorstellungskraft sprengt …

Robert Charles Wilson: Spin – Die Trilogie• Drei Romane in einem Band • Aus dem Amerikanischen von Karsten Singelmann und Marianne Linckens • Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 • Taschenbuch • 1120 Seiten • € 12,99 im Shop

 

Natürlich gibt es diese Schwergewichte auch im E-Book – das schont die Handgelenke! 

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Im All hört dich niemand schreien? Oh doch!

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Immer, wenn ich die ISS in den Nachrichten oder im Internet sehe, bin ich wieder aufs Neue fasziniert von der Raumstation. Von ihrer Größe, von ihrer Ausstattung und von der Tatsache, dass ihre Besatzung im Weltraum lebt und arbeitet – 400 Kilometer über der Erde mit Ausblick auf den blauen Planeten. Einmal auf einer Raumstation zu sein, ist wahrscheinlich eine aufregendsten und spannendsten Erfahrungen, die ein Mensch machen kann. Doch nun stellen Sie sich mal vor, Sie müssten nicht nur ein paar Monate auf dieser Raumstation verbringen, sondern ihr ganzes Leben. Und ihre Kinder auch. Und ihre Enkelkinder. Und die Enkelkinder Ihrer Enkelkinder. Gruselig? Allerdings.

Genau das ist die Ausgangssituation von „Tracer“ (im Shop), dem Debütroman des südafrikanischen Autors und Journalisten Rob Boffard: Die Erde liegt in Trümmern, und die letzten Überreste der Menschheit konnten sich auf der Station „Außenerde“ ins Weltall retten. Ein weitverbreitetes Motiv in der Science-Fiction, man denke beispielsweise nur an Kass Morgans jüngsten Bestseller „Die 100“ (im Shop) oder an Neill Blomkamps Film „Elysium“. Doch anders als in letzterem ist die Raumstation in „Tracer“ kein Paradies zwischen den Sternen, ganz im Gegenteil - im Laufe der Jahrhunderte, die seit der globalen Katastrophe vergangen sind, ist Außenerde fast zu einem Gefängnis für die letzten Menschen des Universums geworden: es ist eng, es ist schmutzig und die Nerven der Bewohner sind jeden Tag zum Zerreißen gespannt – kein Wunder, wenn einen nur ein bisschen Metall vom sicheren Tod trennt. Ein Ausweg aus dieser Situation ist nicht in Sicht, und als dann auch noch ein Mörder beginnt, auf Außenerde sein Unwesen zu treiben, steht die Menschheit bald vor dem endgültigen Aus.

Rob Boffard, geboren in Johannesburg, bewies auch schon vor „Tracer“, dass er gut mit Worten umgehen kann. Als freier Journalist arbeitet er unter anderem für The Guardian, WiredMagazine und Io9. Beste Voraussetzungen also, um einen – hervorragend recherchierten – Space-Thriller zu schreiben, den sich kein Science-Fiction-Fan entgehen lassen sollte.

Rob Boffard: „Tracer“ ∙ Roman ∙ Aus dem Englischen von Bernhard Kempen ∙ Wilhelm Heyne Verlag, München 2016 ∙ 512 Seiten ∙ Preis des E-Books € 11,99 (im Shop)

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